Vorbemerkung
Die Tonis-Dichtung, die Ni Nenos Geschichte (Lasi Ni Neno) erzählt, überliefert die Migration der Namengruppe Neno aus Nunbela in Molo in den Lamu nach Südamanuban. Sie handelt von der Herkunft Nenos, eines Vasalls der herrschenden Klasse des feudalen, vorindonesischen Kuan Fatus, und deren Schwierigkeiten sich im Lamu anzusiedeln, aber auch von seiner herzlichen Aufnahme durch die Herren des Bodens, die wiederholten Versuche eine neue Heimat zu finden und letztlich die Ansiedlung und politische Allianz mit der rituell-politischen Konförderation, die in den Kuan Fatu-Dichtungen durch Ni Sole repräsentiert wird. Musa Leni Seo hat diese Version am 13. Februar 1992 in Nai Lete, Kuan Fatu, vorgetragen.
Lasi ist ein nicht eindeutig zu übersetzendes Lexem, zu vielfältig ist das Zusammentreffen unterschiedlicher Bedeutungen, die eng miteinander verbunden sind. So ist es für Einheimische und auch für Fremde erforderlich, die jeweilige Bedeutung von lasi kontextuell zu erschließen. Das auffälligste Merkmal dieses schillernden Begriffes ist der formelle Charakter derjenigen Situationen, die als lasi gelten. In diesem Rahmen bildet lasi eine Kategorie, die rituelle Situationen, Sitten und Gebräuche bezeichnet, eben alles, was die Atoin Meto als traditionell (meto, einheimisch) auffassen, historische Überlieferungen, soziale und politische Ordnungen, rechtliche Sachverhalte sowie durch Gewohnheit entstandene Konsensualisierungen, aber auch die Gültigkeit von Überzeugungen. Lasi oder lais meto ist insofern mit dem panindonesischen Konzept der Adat identisch.
Seo erzählt auch von Ereignissen, die in den ethnographischen Quellen vergleichsweise gut dokumentiert sind, nämlich von den militärischen und ökonomischen Aktivitäten der sogenannten schwarzen Portugiesen (kase metan, den Schwarzen Fremden), vor denen Ni Neno aus Molo floh.
Die Atoin Meto (atoni, Mensch, Mann; meto, indigen, einheimisch) sind eine Bevölkerung im indonesischen Westtimor, die sich auf zehn Territorien mit informeller politischer Infrastruktur verteilen, die parallel zur indoneischen Administration existiert und sich an der Struktur der sozialen und politischen Beziehungen einflussreicher Namengruppen (kanaf) orientiert. Die große Mehrheit dieser Bevölkerung lebt in lokalisierten Weilern (kuan), die von der indonesischen Administration inzwischen zu großflächigen Dörfern (desa) zusammengefasst wurden. Der Rhythmus der jährlichen Schwankungen der nassen und trockenen Jahreszeit bestimmt und reguliert die Gesamtheit des Lebens in diesen Siedlungen. Die Atoin Meto betreiben Subsistenzwirtschaft und hängen existenziell von ihren Haus- und Feldgärten ab, in denen sie hauptsächlich Mais und verschiedene Gemüsesorten anbauen. In jedem Weiler bilden kooperative, patrilinear verwandte Haushalte (ume) den Fokus der ökonomischen, sozialen und rituellen Aktivitäten. Sind diese Aktivitäten übergeordneter Natur, so ist der Klan beziehungsweise die Namengruppe die durchführende Gemeinschaft. Jeder Atoin Meto ist Mitglied einer dieser patrilinearen und exogamen Namengruppen, die sich auf ein definiertes Territorium (pah ma nifu) bezieht, das aus einer Vielzahl von mit Bedeutung aufgeladenen Orten besteht, landschaftlich verankerten Merkzeichen, die das historische Bewusstsein der Atoin Meto bestimmen. Die Geschichte dieser Orte reicht bis in den unmittelbaren Alltag der Atoin Meto hinein; er erinnert sie an längst vergangene Ereignisse, die den Namengruppen Bestand und Identität verleihen.
Auftakt: Vers 1 - 19
Im ersten Kapitel seiner Dichtung Lasi Ni Neno befasst sich Seo mit den Ausgangsbedingungen der Textproduktion (lasi), in dem er meine Anwesenheit im Lamu zum Anlass nimmt, einen neuen Inhalt in die kanonische Form zu gießen:
- Die Verse 1 bis 14 greifen die Legende von der Migration der Söhne Noahs, Ham, Sem und Jafet auf, deren Nachkommenschaft Afrika, Asien und Europa bevölkerten. Seo gelang mit dieser Innovation eine äußerst kreative Gestaltung des Auftakts seiner Dichtung, die ein deutliches Licht auf die trotz kanonischer Verbindlichkeitvorhandende, improvisatorische Freiheit des aus dem Stegreif komponierenden Dichter-Sprechers wirft. Solange dieser sich an die kanonische Form der Dichtung hält, kann der Inhalt an die lebensweltliche Wirklichkeit angepasst werden. Textpflege und Sinnpfege sind auch im literarischen Genre Tonis obligatorisch.
Indem Seo die christliche Legende von den Söhnen Noahs aufgreift, seine eigene Ethnie als Nachkommen Sems, meine Familie und mich als Jafets Nachkommen anerkennt (Vers 5 und 6: Jafet in sufan in ka`un in palan in naman in taon in mahonin), entsteht ein kulturspezifisches Interpretationsschema, das mein Forschungsprojekt mit den Motiven der um ihre ethnische Existenz ringenden Atoin Meto-Intelligenz auf innige Weise verknüpft. Mit Seos Rückgriff auf den jüngeren Jafet und den älteren Sem entsteht eine soziale und politische jüngerer Bruder / älterer Bruder-Hierarchie (olif / tatif), die eine gemeinsame Abstammung (uf mese) sowie die Möglichkeit und Notwendigkeit der Kollaboration legitimiert, die den sozialen Vorrang der Herren des Waldes (nai lamu) als ältere Lineage markiert, und die die Rückkehr des Blüte (sufan) zum Stamm (uf) signalisiert. Diese asymmetrische Perspektive hat nichts Herabsetzendes. Sie stellt keine Bewertung, sondern eine Selbstverändlichkeit dar. Während die westliche Welt eine Selbstverwirklichung auf Kostens ihrer Mitmenschen propagiert, leben die Atoin Meto eine Kollaboration sozialer Rollen, in der jede Position der anderen ebenbürtig ist. Verschieden sind nur die Aufgaben und Verantwortlichkeiten dieser polaren Feto-Mone- beziehungsweise Olif-Tataf-Kategorie. Die Gleichsetzung des aus dem Westen nach Amanuban kommenden Forschers mit Noahs jüngsten Sohn Jafet, der entsprechend der Legende zur Landnahme nach Westen aufbrach, auf die andere Insel, ans andere Meer (Vers 4 pulau bian tasi bian), ordnet die Bedeutung des Historiker-Treffens in Kuan Fatu einerseits in den kulturellen Kontext Westtimors ein, andererseits entkräftet M.L. Seos dichterische Innovation jeglichen Verdacht des Verrats esoterischen Wissens: Sem und Jafet sind von einem Stamm (uf mese), und es ist selbstverständlich, dass sie endlich wieder zusammensitzen, sich wieder näherkommen, um über ihre Geschichte zu diskutieren (tokan ma taeuk lek-lekom tatef lek-leok). - Mit Vers 15 bis 19 weist M. Seo schon zu Beginn der Erzählung auf die politische Hierarchie Amanubans hin sowie auf die politische Abhängigkeit der Herren des Lamu von der Herrschaft der Nope-Dynastie in Niki Niki. Nur ihrer Entscheidung und Großmut verdankt der erstgeborene der Krieger-Kopfjäger (der Moe Nae) Ni Sole die Herrschaft über den Lamu .
1 Lasi neno pinat neon aklahat - au matua kaum mausi kaut au maama kaum [ maena kau ]
Diese Überlieferung, Strahlender Himmel, Sonne, du Versengende - ich habe einen Herrn und habe einen Herrscher und habe auch einen Vater und [ habe eine Mutter ]
Seo beginnt, wie es für eine Tonis-Dichtung üblich ist, mit der Zeugenformel, den formellen Anreden für hohe politische Funktionsträger: der rituellen Formel Neno Pinat Neon Aklahat, der politischen Formel Tua / Usi sowie zuletzt mit der sozialen Formel ena / ama.
2 Neu au tua kenum au uis kenu au am kenum [ au en kenu ]
Ist gedacht für meine Herren und meine Herrscher, für meine Väter und [ für meine Mutter ]
3 Taekum tatefat tan mu`i in elnam in otnat in pepnam [ in sanum]
Wir treffen zusammen und wir versammeln uns hier, besitzen Kontinuität und Dauer, haben einen Anfang und auch ein [ Ende ]
Das parallele Wortpaar ela ma ota drückt eine ununterbrochene Abstammung von einem Ursprung metaphorisch aus: eine kontinuierliche Bewegung in die Zukunft. Sowohl ela als auch ota sind botanische Termini, die sich auf das Wachstum von Pflanzen beziehen. In den Tonis-Texten bezeichnen die Dichter-Sprecher mit ihnen prozessuale Verläufe, die darauf verweisen, dass ein sich Prozess in der Zeit fortgesetzt hat, ohne sich von seinem Ursprung zu lösen. Diese Kontinuität macht sich der Dichter-Sprecher in seinen Kompositionen zu nutze, und erinnert daran, dass eine Abstammungslinie, oder eine Erzählung, bis heute nicht abgerissen ist, sondern immer weiter voranschreitet, so wie auch die Pflanze immer weiter wächst.
4 Es hit ama hit ena bi pulau in bianam tasi [ in bian ]
Nämlich für unseren Vater, unsere Mutter, der von einer anderen Insel stammt und von einem Meer, [ einem anderen ]
5 Ni Jafet in sufnam in ka`unet in palnam [ in nanam ]
Ni Jafets Blüte, sein herabgefallenes Blatt, sein Besitz und [ ein Teil von ihm ]
6 Taonem [ mahonim ]
Seinen Charakter und seine [ Abstammung ]
Taos, Eigenart und Charakter im genetischen Sinn sowie mahonin, Abstammung und Nachkommenschaft äußern die Hoffnung, dass mit neuer Siedlungsfläche die Fortsetzung der Lineage möglich wird. Erst die Verbindung von Land und Siedler, von Haus- und Feldgärten, in denen ausreichend Nahrung produziert werden kann, sichert den Fortbestand der Lineage. Ein weiteres paralleles Paar, dass im rituellen Tonis-Register in diesem Zusammenhang häufig verwendet wird, ist pah / manama`, Heimat und der eigene Landanteil. Gemeinsam äußern die beiden Wortpaare das Bedürfnis nach einem neuen Siedlungsgebiet. Es gibt noch ein weiteres Lexem, das in diesem Zusammenhang relevant ist. Tobe, eigentlich Deckel oder Bedeckung, meint den Schutz, den religiöse oder politische Funktionsträger, Ana`mnes oder Usif, für die Nahrungsproduktion und die Sicherheit einer Siedlung leisten können. Fruchtbares Land, kontinuierliche Nachkommenschaft sowie Frieden und Wohlstand sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine befriedigende Existenz.
Der Dialekt Nordzentraltimors bezeichnet den religiösen Funktionsträger, der für Regen und Fruchtbarkeit zuständig ist, mit dem Titel Tobe.
7 Naletuonam nemat nafoion [ nem ]
Er machte sich auf den Weg, brach auf und [ kam an ]
8 Nain in elan in otan ai` naim in pepnem [ in sannum ]
Und machte sich auf die Suche nach der Kontinuität und der Dauer, nach dem Anfang und nach [ dem
Ende ]
9 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
10 Nemantia Maemletet Kua Mukem [ Bi Taek ]
Kam nach Mae und Nai Lete, nach Kua Muke und [ Bi Taek ]
11 Toknam taeuk lek-lekom tatef [ lek-leok ]
Sitzt mit uns zusammen und versammelt sich mit uns, wie es sich gehört, trifft uns, [ wie es sich gehört ]
12 Taketi lek-lekom tatoma [ lek-leok ]
Sitzt Seite an Seite mit uns, ordentlich ist er bei uns, [ wie es Brauch ist ]
13 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
14 Tok-tok neu neno i na taekum tatefat maela maota mapepam [ masanu ]
Sitzt heute mit uns zusammen, trifft uns und versammelt sich mit uns, die Kontinuität und Dauer besitzen, die einen Anfang haben und [ ein Ende ]
15 Es Ni Koli, Ni Toli, Ni Amu, Ni Nope, Ni Nuban, Ni Toi - in neknam in tainat in nopnam [ in nanan ]
Nämlich mit Ni Koli, Ni Toli, Ni Amu, Ni Nope, Ni Nuban, Ni Toi - ihr Denken und ihr Entschluss, ihr Fühlen und [ ihr Empinden ]
16 Es nahakeb mone nae bi Klabnam Tain Lasit Maunum [ Nik Nik ]
Sodass der Mone Nae sich erhebt, in Klaban und Tain Lasi, in Maunu und [ Niki Niki ]
17 Tan bi nunuh ina pupnam man bi lete [ ina pupun ]
Die Spitze des Waringin-Baums und des Lete-Baums [ Wipfel ]
18 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
19 Es matua kaum mausi kaut maama kaum [ maena kau ]
Ich habe nämlich einen Herrn und einen Herrscher, besitze einen Vater und [ eine Mutter ]
Die erste Migration: Vers 20 - 57
Die narrative Einheit des zweiten Abschnitts der Neno-Dichtung besteht aus vier Abschnitten, in denen Seo die Geschichte von Kisu Pitai und Lil Mata Kbeti erzählt, zwei Geflüchteten aus Molo, die in den folgenden Versen ununterschieden als Ni Neno angesprochen werden. Der Neno der Dichtung ist kein individueller Protagonist. Er nennt die Namengruppe Neno (kanaf), die in Molo und in Nordzentraltimor (TTU) weit verbreitet ist. Neno ist auch als Vorname oder Familienname gebräuchlich, oder wird als höfliches Du verwendet:
- In den Versen 20 bis 31 berichtet Leni Seo vom Auszug der ersten Neno-Generation aus ihrem Dorf Nunbena im Norden von Molo, um im relativ bevölkerungsarmen Südamanuban, dem weiten und ausgedehnten Land, wie es in der umgangssprachlichen Erzählung heißt, einen neuen Zweig der Neno-Lineage zu gründen (Vers 20: maela maota mapepa masanu). Er erzählt auch von ihrer Ankunft in der Nope-Residenz Niki Niki, Zentralamanuban (Vers 22 bis 27: Klaban, Tain Lasi, Maunu, Nik-Nik), von den von der Adat vorgeschriebenen Verhandlungen (Vers 22: kan fun kotim kan non koit fa) und der Erlaubnis des Uis Banam zur Landnahme im Lamu (Vers 28 bis 31: natlulu natleka).
- Die Verse 32 bis 37 überliefern die Begegnung der ersten Neno-Migranten mit den politischen Funktionsträgern (amaf) Kuan Fatus: mit Ton und Finit, mit Babis und Sapai (Mae, Nai Lete, Kua Muke, Bi Taek).
- Die Bitte um Erlaubnis zur Landnahme in den Grenzen des Territoriums Kuan Fatu, die politisch-territoriale Vereinigung mit Ton und Finit, Babis und Sapai (Vers 38 bis 43: simo lek-lekom man topu lek-leok), die Zuweisung des Siedlungsraumes durch die Herren Kuan Fatus (Vers 44 bis 47: sae neu Kele ma Banabas tan Nifu Loi ma Hau Mahatas) sowie die Gründung des Dorfes Tublopo (Vers 48) überliefern die Verse 38 bis 49.
- In den Versen 50 bis 59 berichtet Musa Leni Seo von den jährlichen Erntetributen, den die Fürstentümer (Usiftümer) der einzelnen Atoin-Meto-Territorien an die herrschenden Namengruppen des politischen und rituellen Zentrums in Niki Niki entrichten mussten (an Ni Nuban, Ni Toi, Ni Koli, Ni Toli, Ni Amu, Ni Nope oder metaphorisch buni in sufan ma nikis in sufan beziehungsweise koko in anan ma naibate in anan oder lete in pupun nunuh in pupun), um diese, im Tausch für militärischen Schutz, mit Nahrung zu versorgen (V 50 bis 59: nahao ma nafati). Diese Tribute hat auch Neno bei seiner Bitte um Landnahme in Amanuban der Nope-Lineage garantieren müssen (Vers 33: kan el nale`um man talhai nale`u).
20 Na` neno i Ni Neno fenam nemat ae maela maota mapepam [ masanu ]
Und eines Tages machte sich Ni Neno auf den Weg, erwarb sich Kontinuität und Dauer, bekam Anfang und
[ Ende ]
21 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
22 Nemat kan fun kotim kan non koit fa - neno pinat neon [ aklahat ]
Kam nicht durch die Hintertür, kam auch nicht heimlich an - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
23 Man nao noka Klabnam Tain Lasit Maunum [ Nik Nik ]
Sondern machte sich auf den Weg nach Klaban und Tain Lasi, nach Maunu und [ Niki Niki ]
24 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [Versengende ]
25 Matua mausi maamam [ maena ]
Besaß einen Herrn, einen Herrscher, hat einen Vater und [ eine Mutter ]
26 Neu Ni Nuban Ni Toi Ni Koli Ni Toli Ni Amu Ni Nope bi nunuh ina pupnam anbi lete [ ina pupumn ]
Kam zu Ni Nuban, Ni Toi, Ni Koli, Ni Toli, Ni Amu, Ni Nope zur Waringingspitze und zu des Lete-Baums
[ Wipfel ]
27 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
28 Na` natotim natanat ai` anseom nonot nak: Au aim siuk manuanam pasa [ manuan ]
Dort fragte er nach, dort bat er und bot an, bedachte und sprach: „Ich suche das weite Land und das Buschland, [ das Weite!“ ]
29 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
30 Natlulum natleka - neon apinat neon [ aklahat ]
"Zeige es mir und bestimme es für mich!" - Himmel, du Strahlender, Sonne, du [ Versengende ]
31 Nak: Siuf manuanat es Tapnam Tuik Neno pasa manuanat es Tapnam [ Tuik Neon ]
Und dieser sprach: „Das weite Land ist Tapan Tuik Neno, das ausgedehnte Land ist Tapan und [ Tuik Neno ]
32 Na` naletuonam nemat nafoionam [nem]
Genau dorthin machte er sich auf den Weg, und dahin brach er auf und [ kam dort an ]
33 Kan el nale`um man talhai [ nale'u ]
Übertrat kein dabei Gebot und verletzte auch keine [ Regel ]
Mit dem Bewahren der Adat meint Seo, dass die Rechtsnormen und die konventionelle Etikette, also die guten Sitten und die erwartete Höflichkeit, gewahrt wurden. Die Vorschriften der Adat garantieren ein friedliches und gerechtetes Zusammenleben der Gemeinschaft. Manauk-manaukan meint, sich gegenseitig respektvoll mit dem Akun-Namen ansprechen. Mit der Ankunft der Kaes Metan in Tublopo wurde diese Ordnung zerstört.
34 Mone nae bi Maemletet Kua Muke [ Bi Taek ]
Zum Mone Nae nach Mae und Nai Lete, nach Kua Muke und [Bi Taek ]
35 Nok am fenu keos ha`am moen [ ha ]
Und zu seinen Würdenträgern, den vier Stieren und den Männern den [ vieren ]
36 Es Ton Finit Baibsam [ Sapai ]
Nämlich Ton und Finit, Babis und [ Sapai ]
37 Tan simo lek-lekom man topu [ lek-leok ]
Diese empfingen ihn ordentlich und nahmen ihn auf, [ wie es sich gehört ]
38 Na` natotim natana - neno pinat neon [ aklahat ]
Und er fragte sie und er bat sie - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
39 Nak: aut ninat au ain si`uf manuanam pasa [ manuan ]
Sprach zu ihnen: „Ich suche das weite Land, bin auf der Suche nach dem Land, dem [ ausgedehnten!“ ]
40 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
41 Es na` natlulu lek-lekom natleke [ lek-lekom ]
Bis es mir gezeigt wird wie es dem Brauch entspricht, bis es mir bestimmt wird [ wie es sich gehört ]
42 Neon apinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
43 Na` naletuonam nafoionat naub nanam natai [ nan ]
Er brach auf und machte sich auf den Weg, bis er zum Bleiben aufgefordert werde, bis er es einkreisen konnte und es [ in Besitz nahm ]
44 Noknan sae neu Kelem Banabsat Nifu Loiyam [ Hau Mahatas ]
Zusammen stiegen sie hinauf nach Kele und Banabas, nach Nifu Loi und [ Hau Mahatas ]
45 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
Sen, anpflanzen; bebin, Vorziehen von Pflanzen im Frühbeet, um sie später ins Freiland auszupflanzen. In Bezug auf Menschen verwendet man häufig das parallele Wortpaar hao / fati, zu essen geben, ernähren; fati, eine außergewöhnliche Situation, in der einem Menschen zu essen gegeben wird, er gefüttert wird, weil er durch Krankheit oder Auszehrung dazu nicht mehr in der Lage ist. Im weitesten Sinne gilt diese Analogie auch für sen ma bebin. Die ins Freiland ausgesäten Pflanzen überlässt man weitgehend sich selbst, die im Frühbeet werden gehegt und gepflegt, bis sie kräftig genug sind, sich im Freiland zu behaupten.
46 Nak: Maut hem sen piowan mam sen [ kobi ]
Sie sprachen: „Nimm dieses Land und pflanze Zwiebeln an und pflanze [ Kohl an!“ ]
45 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
48 Naonan nao neu sonaf Tublopom onan tunonam binem man naeyon [ bin ]
Er ging und gründete den Palast Tublopo, siedelte sich dort an und blieb [ dort ]
49 Neno pinat neon [aklahat]
Strahlender Himmel, Sonne, du [Versengende]
50 Okat nabela in neknem in tainat in nopnem [ in nanan ]
Und er fasste einen Entschluss, äußerte seine Gedanken und seinen Willen, äußerte seine Gefühle und [ sein Empfinden ]
51 Nak: Hen sen kobiam man sen pio - neno pinat neon [ aklahat ]
Und sprach: „Hier möchte ich Kohl anpflanzen, hier will ich Zwiebeln setzen - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
52 Henaiti kahat kobi nanesam na`afat mustale nanesam [ na`af ]
Damit mein Kohl Frucht trägt und reif wird, und mein Mustal heranwächst und [ reift ]
53 Pio nanesam na`afat nai so` nanesam [ na`af ]
Die Zwiebeln Frucht tragen und reifen, der Nai So` gedeiht und [ reift ]
Kobis, Kohl (Brassica oleracea), ist ein Molo-Lehnwort aus dem Malaiischen, und von kubis abgeleitet; kol, aus dem Niederländischen entlehnt, ist in Amanuban gebräuchlicher. Von dort soll Kohl auch ursprünglich nach Westtimor gekommen sein. Mustal ist ein Blattgemüse, vom Aussehen dem Chinakohl vergleichbar, im Geschmack aber viel bitterer. Pio, eine Sammelbezeichnung für Zwiebeln und Knoblauch, je nach Farbe als weiße oder rote Zwiebel im Gebrauch. Nai so` ein anderes Blattgemüse, in Aussehen und Geschmack dem Spinat ähnlich (eine Amaranthus-Art).
Dass Neno diese Gemüse im Lamu, im relativ trockenen Südamanuban, anbauen will, mutet auf den ersten Blick eigenartig an, da die klimatischen Bedingungen höchstens in Molo günstig sind. Ob das Klima im 18. Jahrhundert, als Neno wahrscheinlich in den Lamu kam, weiß ich nicht. Der Lamu war, anders als heute ein Waldgebiet, und möglicherweise regenreicher.
Besonders Kohl ist, was seinen Wasserbedarf betrifft, sehr anspruchsvoll. Diese vier Gemüsesorten sind wahrscheinlich von Neno importiert, denn sie haben in der Amnuban-Küche keine lange Tradition. Seit alters her baut man dort in den Gärten mehrere Bohnenarten, Erdnüsse, Kürbis- und Gurken an, ebenfalls Gemüsesorten, die nur in Regenzeit kultiviert werden, solange der Boden ausreichend Feuchtigkeit enthält. Gemüseengpässe werden inzwischen durch einen systematischen Gemüseanbau in der Trockenzeit verringert. Diese Pflanzungen müssen künstlich bewässert werden müssen, ist nur in wenigen Gunstlagen möglich. Es ist heute problemlos möglich in der Trockenzeit auf dem Markt täglich Gemüse zu kaufen, wozu auch Kohl gehört. Das scheitert oft an der Bargeldknappheit in den Dörfern, sodass der mehrmonatige Verzicht auf dieses Gemüse der indigenen Küche nutzt, die auf dem Sammeln von Pflanzen, wie Tapioka- oder Papayablättern in den Gärten, von wildwachsendem Gemüse im Wald basiert. Zu den wildwachsenden, für eine nährstoffreiche Ernährung zählenden Blattgemüsen gehören: ut manu und ut no` sowie neonsae. Im Gegensatz zu Tapioka- und Papayablättern werden die Waldgemüse mit Mais vermischt gegessen.
54 Na` nasuam naloi he nahaoam nafati koko an em naibate [ ana ]
Er es alles auf seinen Kopf nehmen kann, dich ernähren kann und dir Nahrung bringt, Kind der Koko und der Naibate [ Kind ]
Koko und Naibate sind Metaphern der respektvollen Anrede für den Uis Banam und seine Kinder (ebenfalls Vers 55 -56). Koko ist eine in den Wäldern Amanubans lebende, schwarze Schlange, mit der die religiösen Funktionsträger der Atoin Meto reziproke (freundschaftliche oder verwandtschaftliche) Beziehungen unterhielten. Koko und Saekoko sind Kanaf- oder Akun-Namen, die als Beleg für eine einst existierend, verwandtschaftliche Beziehung zu dieser Schlange gewertet werden müssen. Kaun le`u lautet ein anderer, ehrenvoller Name für die Koko, und ist gleichzeitig die Anrede für die Gemahlin (kato) des Uis Banam in ihrem gefürchteten Aspekt. In Noemuti wird der Usif als Usi Koko angeredet und zwar dann, wenn man seinen erschreckenden, strafenden Aspekt hervorheben will. Die Koko wird als eine Erscheinung aus einer anderen Sphäre betrachtet und verehrt. Nicht zuletzt verdankt die Nope-Dynastie dieser Schlange ihre Herrschaft über Amanuban (s.a. kok mapaku). Frauen, besonders alleinstehende, kinderlose oder Witwen pflegen gute Beziehungen zu dieser Schlange, rufen sie und füttern sie. Von einer Heirat mit der Koko oder einer Metamorphose Mensch-Koko erzählt man sich in Amanuban. Die Kinderlosigkeit von Frauen, die mit der Koko-Schlange Umgang pflegten, wird auf eine solche Heirat zurückgeführt. Diese Frauen nennt man auch Kind der Koko (koko in anan).
Die naibate ist nach J.Ch. Sapay eine große Schlange, die allerdings niemand anderer zu kennen scheint. Ob es sich bei dieser Bezeichnung um einen esoterischen Namen für den Felspython handelt sei dahingestellt, denkbar wäre es, da diese Schlange einst neben dem Krokodil hoch verehrt wurde (Uis Oe, das Kokodil als Fürst des Wassers; Uis Meto, der Felspython als Fürst des trockenen Landes). Ob eine Beziehung zur kbate-Raupe besteht ist ebenfalls ungeklärt. Nai als Präfix könnte darauf hinweisen, dass es sich um eine respektvolle Anrede für adelige Persönlichkeiten handelt. Bei den benachbarten Tetum bezeichnet Nai den Herrscher. In Südzentraltimor wandelte sich Nai zu Ni beziehungsweise Na, Partikel, die heute zu persönlichen Artikeln vor Eigennamen geworden sind. Nai oder Naif war in der Vor-Niki-Niki-Periode Amanubans eine übliche Anrede für den höchsten politischen Würdenträger, zuerst für Nuban, später für Nope.
55 Ai` buni in sufnam ma nikis [ sufan ]
Oder der Blüte des Buni und des Nikis [ Blüte ]
56 Lete ina pupnam nunuh [ina pupun]
Der Lete-Spitze und des Waringinbaums [ Wipfel ]
57 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
Der Überfall der Schwarzen Fremden: Vers 58 - 62
Das folgende, sehr kurze Textsegment umfasst lediglich fünf Verse, um ein komplexes Ereignis zu schildern. Sie bilden dennoch eine narrative Einheit, die vom Überfall der Schwarzen Portugiesen, der Kase Metan, sowie der Zerstörung der jungen Siedlung Tublopo berichten.
Ich konnte nicht wirklich klären, warum sich Sapays umgangssprachliche Erzählung in dieser Passage der Überlieferung so sehr von Seos Vortrag unterscheidet. Seo kannte Sapays Erzählung von Ni Nenos Sieg über die Schwarzen Portugiesen am Tuik Neno, hob aber nur die Schultern, als ich ihn fragte, warum er ein Ereignis, das in Sapays Version einen dramatischen Höhepunkt bildet, nicht erwähnt. Es handelt sich aber fraglos um eine bedeutende Episode der Geschichte Nenos, denn nicht nur der Name des Hügels erinnert an ihn, sondern auch zwei Orte am Fuß des Hügels: der Stein und die Quelle Ni Neno (Fatu Ni Neno und Oe Ni Neno.
- In Vers 58 erinnert der Dichter-Sprecher an diesen Überfall, der für die neuen Siedler mit einem Fiasko endet. Sie verlieren alles, was Vers 59 dem Uis Banam in absentia mitteilt.
- Die Verse 60 und 61 erzählen vom Untergang der Siedlung Tublopo und dem Scheitern der ersten Migration. Die Verben senan und kusan, die der Dichter-Sprecher verwendet, sind eine Metapher für die Endgültigkeit, mit der Tublopo aus der Landschaft verschwindet, doch nicht aus den Erinnerungen der Nachkommenschaft.
58 Es ae bolkam kaes metan sasi pan muti tefa tua`am nah nanekum niun [ naneku ]
Die Kaes Metan kamen, die Sasi Pan Muti, Tefa Tua kam, und sie aßen alles auf und tranken [ alles leer ]
Der sasi pan muti ist ein kleinerer, schwarzer Vogel, an dessen Schnabel beidseitig weiße Lappen hängen. Tefa Tua ist ein Eigenname: Tefa ein in Nordzentraltimor gebräuchlicher Vorname; Tua, vielleicht Herr, eine respektvolle Anrede für höherstehende Personen.
Sasi Pan Muti ist eine gebräuchliche Metapher für die schwarzen Portugiesen (die Kaes Metan), für die der schwarze Vogel mit den weißen Lappen eine treffende Metapher darstellt, da die Kaes Metan ihre europäische Abstammung nicht verbergen. Tefa Tua könnte eine bestimmte Person sein, vielleicht sogar der Anführer des Überfalls, möglicherweise aber auch eine andere Bezeichnung für die Schwarzen Portugiesen.
59 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
60 Semam natena - neno pinat neon [ aklahat ]
Versunken war nun alles und es wurde still - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
61 Kusan nanekum man senan [ naneku ]
Vernagelt und verschwunden, begraben und [ verschwunden ]
Kusan, Nagel, verweist auf die übernommende Gewohnheit hin, die Deckel von hölzernen Särgen kurz vor dem Begräbnis zu vernageln. Diese Aufgabe stand in vorchristlichen Tagen dem Atoin Amaf zu, dem Mutterbruder des Verstorbenen, der in den Lebenszyklusritualen zwischen Lebenden und Verstorbenen vermittelte. Sena, begraben, ist das parallele Lexem der rituellen Rede (alternativ sub nitu
62 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
Die zweite Migration: Vers 63 -133
Jahre später brechen Tanesib Neno und Bi Ke`an in den Lamu auf, um ihre Verwandten zu besuchen, und um das Land zu sehen, das sie besiedeln. Die folgenden Verse erzählen davon, wie sie nach Niki Niki kommen und weiter in den Lamu geschickt werden. Dort erfahren sie,dass es keine Neno-Siedlung mehr gibt, aber vergessen ist Neno sind die Begegnung mit Neno und geknüpften Beziehungen nicht:
- Die Verse 63 bis 77 berichten von einer weiteren Migration, die auf der Suche nach Land Niki Niki erreicht. Als Benu keine Nachricht von der ersten Migration erreicht, brechen andere auf, um nachzuforschen, was aus Kusi Pitai und Lili Mata Kbeti geworden ist. In Niki Niki angekommen, erfuhren sie vom Untergang der Siedlung Tublopo und vom Tod der Bewohner.
- Vers 78 nennt die Namen einer Frau, Bi Ke`an und eines Mannes Ni Tanesib, beide aus der Kanaf Neno, die die zweite Migration in den Lamu repräsentieren. Ihr Auftrag bestand darin, die Siedlung Tublopo neu aufzubauen (Vers 80 und 83). In den weiteren Versen legt der Dichter-Sprecher Zeugnis von dem Weg und den Ereignissen ab, die schließlich zu einer neuen Landnahme der Neno-Kanaf führten. In den Versen 96 bis 99 und 101 werden der Siedlungraum und die dadurch entstehenden Allianzen genannt, die Einheimische und Neuankömmlinge in einer sozialen und politischen Einheit verbindet.
- Die Verse 110 bis 115 erzählen von Ni Tanesib Nenos Schicksal. Er erhält von den Herren von Kuan Fatu (Vers 114 und 115) erneut das Siedlungsland, das seine Vorgänger bereits bewirtschaftet haben. Auf diese Weise wird der Lehnsherr von Ton und Finit, Babis und Sapai (s.a. die Verse 120 bis 132).
- In wenigen Versen (116 bis 118) deutet der Dichter-Sprecher an, dass Bi Ke`an Neno sich von Ni Tanesib trennt, nach Kualin heiratet und aus der Überlieferung von Kuan Fatu verschwindet.
- In den Versen 119 bis 132 geht der Dichter-Sprecher erneut auf Ni Tanesib ein und berichtet, dass es ihm gelungen ist, in Kele Fuß zu fassen, mit den Landgebern gute Beziehungen zu pflegen.
63 Oktan tia puin nua`am manak [ nua ]
Bis schließlich die zwei Maiskolben, und die Köpfe [ die beiden ]
64 Telim natuin tan naom [ natuin ]
Den gleichen Weg betraten, ihm folgten und aufbrachen, ihm [ folgten ]
65 Kis-kisom poi neno esam fai`yesat nabela nek kenum tai kenut nop kenum [ nan kenu ]
Ihn sahen für einen Tag und für eine Nacht, und ihre Gedanken äußerten und ihren Willen, ihre Gefühle ausdrückten und [ ihr Empfinden ]
66 Nak ka nemam bolan kit man poin kit fam bi kua mnasi bael [ mnasi ]
Und sagten: Sie kommen nicht mehr und erscheinen nicht mehr bei uns, im alten Dorf und am Ort, dem
[ alten ]
67 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
68 Na` nabela sin nek kenum sin tai kenut sin nop kenum [ sin nan kenu ]
Und sie äußerten ihre Gedanken und ihren Willen, äußerten ihre Gefühle und [ ihr Empfinden ]
69 Na` antelim natuin tan naom [ natuin ]
Betraten den Weg und folgten ihnen, machten sich auf den Weg und [ folgten nach ]
70 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
71 Na` ansen piowam man sen kobiat ae kobiat kan senanam kana mneo nanfa - neno pinat neon [ aklahat ]
Pflanzten Zwiebeln und pflanzten Kohl, der nicht wuchs und nicht gedieh - Strahlender Himmel, Sonne, du
[ Versengende ]
Mneo, gerade. Im Kontext dieses Verses weist mneo auf den nicht wachsenden Kohl hin. Im übertragenem Sinn auch; etwas ereignet sich mit Sicherheit nicht, ist nicht richtig.
72 Ni Nuban Ni Toi Ni Koli Ni Toli Ni Amu Ni Nope kis-kisom neno ha`an tesah tan kis-kisom neno na`an mofu`ah - neno pinat neon [ aklahat ]
Ni Nuban, Ni Toi, Ni Koli, Ni Toli, Ni Amu, Ni Nope schauten nach Westen, schauten zur untergehenden Sonne - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
73 Es au matua kaum mausi kaut au maama kaum [ maena kau ]
Zu meinem Herrn und Herrscher, meinem Vater und [ meiner Mutter ]
74 Ni Neno in elnem in otnat in pepem [ in sanum ]
Ni Nenos Wachsen, seine Dauer, sein Anfang und [ sein Ende ]
75 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
76 Es aub on iyam utaim [ on i ]
So trage ich es vor, und ich diene [ so ]
77 Neu au tua kenum au usi kenut au am kenum [ au en kenu ]
Für meine Herren und meine Herrscher, meine Väter und [ meine Mütter ]
78 Ntia Bi Kenam Ni Tanesiab tan telim natuin tan naom [ natuin ]
Bis dann Bi Ke`an und Ni Tanesib den gleichen Weg betraten und ihnen folgten, sich auf den Weg machen und [ ihnen folgten ]
79 Kis-kisom - neno pinat neon [ aklahat ]
Um sie zu sehen - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
80 Seuntat kana mneo lekom kana mnon [ leok ]
Um zu ersetzen was nicht richtig war, was nicht zusammenpasste [ gut ]
81 Nok neu semnam naten eun tan maet niutnam man nekun - neno pinat neon [ aklahat ]
Was unterging und still wurde, gestorben und verschwunden ist - Strahlender Himmel, Sonne, du
[ Versengende ]
Seman, versinken, untergehen; naten eun, ruhig werden; mate, tot, sterben; nitu, Leiche, im übertragenem Sinn: der Verstorbene als Defunctus.
82 Esna kan tipun fainam kan li`ok [ fain ]
Sodass sie nicht mehr zurückkehrten, und nicht mehr [ zurückkamen ]
83 Hen seun apao kuan nenum apao son fenu - neno pinat neon [ aklahat ]
Sie wollten den Wächter des Dorfes und den Wächter des Hauses ersetzen - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
84 Esna ankis-kiusnam man lin-liunat tan telim natuinat tan naom [ natuin ]
Und sie sahen ihn und erblickten ihn, betraten ihn und folgten ihnen, machten sich auf den Weg und
[ folgten ihnen ]
85 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
86 Kan el nale`um man talhai [ nale`u ]
Verletzten keine Norm und übertraten [ keine Regel ]
87 Neu Ni Nuban Ni Toi Ni Koli Ni Toli Ni Amu Ni Nope bi Klabnam Tain Lasit Maunum [ Nik Nik ]
Kamen zu Ni Nuban, Ni Toi, Ni Koli, Ni Toli, Ni Amu, Ni Nope nach Klaban und Tain Lasi, nach Maunu und
[ Niki Niki ]
88 Matua enum mauis enut maam enum [ maen eun ]
Zu ihren Herren und ihren Herrschern, ihren Väter und [ ihren Müttern ]
89 Nak aut ninat eon nua lan nua kama huk enum kama noib enut - neno pinat neon [ aklahat ]
Und sprachen: Ich glaube, es gibt zwei Türen, es gibt zwei Wege ohne Fußabdrücke und ohne Spuren - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
90 Es hai mitenab hai nek kenum hai tai kenut hai nop kenum [ hai nan kenu ]
Und wir bemerkten, unsere Gedanken und unseren Willen, spürten unser Fühlen und [ unser Empfinden ]
91 Telim mituin sin tam naom [ mituin sin ]
Den Weg zu betreten, ihnen zu folgen, uns auf den Weg zu machen, und [ ihnen zu folgen ]
92 Maut he matua eun kaim mauis eun kait maam eun kaim [ maen eun kai ]
Mögen wir einen Herrn und einen Herrscher finden, einen Vater und [ eine Mutter ]
93 Neun tokon et sonaf mem pano me matua kaum mausi kaut maama kaum [ maena kau ]
In welchem Haus mögen wir wohnen, in welchem Palast - mein Herr, mein Herrscher, mein Vater und
[ meine Mutter ]
94 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
95 Kison ho matmem pene [ ho matan ]
Wende deinen Blick hierher und blicke mit [ deinen Augen ]
96 Neu Fatu Pup Molo Tapnam Tuik Nenot Hau Pup Molo Tapnam [ Tuik Neon ]
Zum Stein mit der gelben Spitze, nach Tapan Tuik Neno, zum Holz mit der gelben Spitze, nach Tapan [ Tuik Neno ]
97 Man tian Maemletet Kua Mukem [ Bi Taek ]
Bis hinüber nach Mae und Nai Lete, nach Kua Muke und [ Bi Taek ]
98 Mone Naeyan tunon nanim man naeyon [ nain ]
Dort wohnt der Mone Nae, dort lebt er [ nämlich ]
99 Nok keos ha`am moen [ ha ]
Mit den vier Stieren und den Männern, den [ vieren ]
100 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
101 Nemantia Maemletet Kua Mukem [ Bi Taek ]
Sie kamen bis nach Mae und Nai Lete, bis nach Kua Muke und [ Bi Taek ]
102 Ansium sin lek-lekom man top sin [ lek-leok ]
Dort wurden sie empfangen wie es dem Brauch entsprach, dort wurden sie aufgenommen [ wie es ich gehörte ]
103 Toit sin lek-lekom natan sin [ lek-leok ]
Sie fragten was die Adat erfordere und sie baten [ wie es dem Brauch entsprach ]
104 Nak haim telim mituinat tam naon [ mituin ]
Und sie sprachen: Wir betraten den Weg und folgten ihnen, und machten uns auf den Weg und [ folgten ihnen nach ]
105 Noib ahun tenum huk [ ahunut ]
Den früheren Spuren, den Fußabdrücken, den [ vergangenen ]
106 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
107 Nak aut ninat kobi kama tua ma usi kama paham [ kama nama` ]
Und sie sprachen: Ich glaube, der Kohl hat keinen Besitzer und keinen Herrn mehr, hat kein Land mehr und [ kein Gebiet ]
108 Sasi Pan Muti Tefa Tua`am mubolkam Kaes Metan nah naneuk sinim niun [ naneuk sin ]
Sasi Pan Muti und Tefa Tua sind erschienen: Die Schwarzen Fremden haben alles aufgegessen und haben es leergetrunken, [das Ganze]
109 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
110 Na` Ni Nes Nenot tan suban nanekum senan [ naneku ]
Und Ni Tanesib Neno grub um und säte [ aus ]
Suban, vergraben, sodass etwas ganz mit Erde bedeckt ist, wie beispielweise der Samen von Pflanzen. Senan, ganz allgemein für (ein-)pflanzen, sodass das Gepflanzte etwas über das Bodenniveau hinausragt (beispielsweise ein Steckling). Kub, etwas zeitweilig eingraben, es mit Erde, Blättern, einem Tuch oder Ähnlichem bedecken, sodass es nicht mehr sichtbar ist.
Nsub, etwas für immer begraben, mit Erde, und es nicht mehr hervorholen. Poho, bedecken mit beiden Händen; obe, bedecken mit einem Gegenstand, wie einem Teller, einem Korb oder Ähnlichem. (Ein-)tauchen, mit dem Kopf unter Wasser: nsub oe pinan.
111 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
112 Maut hem itlam saem mam atal [ am sae ]
Erhob seinen Fuß und stieg hinauf, brach auf um [ hinaufzusteigen ]
Ni Sole Le`u bricht mit den Neuankömmlingen nach Kele auf, um ihnen ihre Siedlung zuzuweisen: it lenum, gerade in diesem Moment aufbrechen. Der Wortstamm ital verweist auf den vorgesetzten Fuß, während der andere Fuß, obwohl im nächsten Moment vom Boden hochgehoben, diesen noch mit den Zehenspitzen berührt. Ital markiert den ersten Schritt, ohne dass eine Person sich schon von der Stelle bewegt hat. Auf diesen Momentcharakter der Bewegung weist lenum hin. Ein verwandter Begriff ist ite, auf den Zehenspitzen stehen und den Körper nach oben recken.
113 Neu kobiam mustalet piowam [ nai so` ]
Zum Kohl und zum Mustal, zu den Zwiebeln und dem [ Nai So` ]
114 Es Kelem Banabsat Nifu Loim [ Hau Mahatas ]
Nach Kele und Banabas, nach Nifu Loi und [ Hau Mahatas ]
115 Lekam mantia Kelem Banabsat Nifu Loim [ Hau Mahatas ]
Kommt so nach Kele und Bananas, nach Nifu Loi und [ Hau Mahatas ]
116 Bi Ke`an natnanan lek-lekom nakesion [ lek-leok ]
Und auch Bi Ke`an folgt dem Brauch, und nähert sich [ wie es sich gehört ]
117 Nekem Kualinat Kualinam [ Kua Tae ]
Nach Neke und Kualin, Kualin und [ Kua Tae ]
118 Nensat natua neunam nauis neu nat ona mamat natua neunam nauis [ neun ]
Bringt den Tribut für ihren Herrn und ihren Herrscher, den Betel für ihren Herrn und Herrscher, [ den ihren ]
Natuaneun nauis neun, jemand wird als Besitzender, als Herr (tuan) beziehugsweise als Herrscher (usif) betrachtet. Folgt dieser Ausdruck einem Gegenstand oder einer Sache, so bedeutet das, dass dieser Gegenstand oder diese Sache jemandem gehört, von jemandem kontrolliert wird.
119 Neno Pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
120 Na` Ni Taniseb tok nabalaham nam auk [ nabalah ]
Und Ni Taniseb wohnt dort für immer, siedelt [ auf ewig ]
121 Sen kobi`am mustalat piowam [ nai so` ]
Pflanzt Kohl und Mustal dort, Zwiebeln und [ Nai So´ ]
122 Henait pio nanes nanam na`af [ nan ]
Damit die Zwiebelknolle groß wird, damit sie reifen [ kann ]
123 Kobi nanes nanam na`af [ nan ]
Der Kohl groß wird und reifen [kann]
Nanes nanan na`af nanan / nahoin nanan nataobon nanan äußert die Hoffnung, dass es den Migranten im Lanu inzwischen gut geht, sie reiche Ernte und viele Kinder haben. Die Lexeme nan oder nanan folgen immer dann dem Verb, wenn sich etwas schon ereignet hat, etwas schon durchgeführt wurde. Nan(an) kann auch nehmen bedeuten.
124 Tolam nat natat naubam natai Ni Nuban Ni Toi Ni Koli Ni Toli Ni Amu Ni Nope bi Klabnam Tain Lasit Maunum [ Nik Nik ]
Sie versammeln sich um ihn und nehmen ihn in die Mitte, Ni Nuban, Ni Toi, Ni Koli, Ni Toli, Ni Amu, Ni Nope in Klaban und Tain Lasi, in Maunu und [ Niki Niki ]
125 Matua kaum mausi kaut maama kaum [ maena kau ]
Meinen Herrn und meinen Herrscher, meinen Vater und [ meine Mutter ]
126 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
127 Esna neno in tunon lek-lekom man naiyon [ lek-leok ]
Bis heute wohnt er dort, weil es der Brauch so bestimmt hat, siedelt dort, [ wie es sich gehört ]
128 Nemat am fenu moen haam keos haat puin haam nak [ ha ]
Unsere Väter kamen, die vier Männer und die vier Stiere, die vier Maiskolben und die Köpfe, [ die vier ]
129 Ton Finit Baibsam [ Sapai ]
Ton und Finit, Babis und [ Sapai ]
130 Naif lek-lekom man faf [ lek-leok ]
Und sie hoben ihn sehr gut auf ihrem Schoß, und nahmen ihn an als Kind, [ wie es Brauch ist ]
131 Tanusu lek-lekom man poho [ lek-leok ]
Bedeckten seinen Leib sehr gut, und hielten ihn in der geschlossenen Hand, [ sehr gut ]
Tanusu in Südamanuban, oder tanusa anderswo in Amanuban, sind Derivate von tanus, beschützen, pflegen, versorgen. Tanusu hier im Sinne von den Körper mit Kleidung bedecken, ihn schützen.
132 Masuik lek-lekom man matol [ lek-leok ]
Sind sich gegenseitig eine Hilfe und unterstützen sich [ sehr gut ]
Suki Keil; tola, Stock oder Stab repräsentieren metaphorisch sich gegenseitig (unter-) stützen beziehungsweise helfen. Die sukif ma tolaf sind die Vasallen, die Gefolgschaft eines politischen Herrschers, seine Beamten und Krieger-Kopfjäger.
133 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
An dieser Stelle der Geschichte Nenos erzählt J.Ch.Sapay von einer dritten Migration - und von Natu Neno und Nubai Neno - die Seo ebenfalls ausspart. Interessant sind die beiden Auslassungen von Seo, weil sie zeigen, wie unterschiedlich verschiedene Dichter-Sprecher werten, was und wie ausführlich in der entsprechenden Situation, erzählt werden muss. Deutlich wird dadurch auch, dass den Tonis-Dichtungen einfache Erzählungen zugrundeliegen, aus denen die Dichter-Sprecher schöpfen. Auffällig ist auch, dass sich Stil und Inhalt der beiden Versionen sehr unterscheiden. Während Seos Texte sprachlich gerafft und inhaltlich auf das Nötigste beschränkt wirken, erzählt Sapays seine Versionen in erheblich mehr Versen. Sein umfangreicherer Formelgebrauch und seine breiter konzipierten Inhalte fördern die Dramatik und die Vielfalt des Erzählten. Dieser Unterschied hat auch zur Folge, dass Sapays Texte für Außenstehende informativer und nicht so kontextabhängig sind wie die von Seo. Möglicherweise liegt diese Unterschiedlichkeit darin begründet, dass sich Sapay besser auf meine Anwesenheit als Außenstehender einfühlen konnte, und er deshalb ausführlicher erzählte, als dies Seo möglich war, der nicht über dessen berufliche Sozialisation und Erfahrung in der indonesischen Bürokratie verfügte.
Belehrung der Zuhörer: Vers 134 bis 147
Die Verse 134 bis 147 enthalten die Quintessenz der Dichtung der Migration der Namengruppe Neno nach Südamanuban. In diesem Segment der Dichtung fasst Seo zusammen, welche Verpflichtungen seinen Zuhörern aus der gemeinsamen Geschichte erwachsen:
- Die Verse 134 bis 137 enthalten die charaktistische Boten- und Zeugnisformel der rituellen Rede (tonis), mit der sich der Dichter-Sprecher an den Uis Banam und die Aristokratie wendet, und um Glaubwürdigkeit für seine Worte nachsucht.
- Die Verse 138 bis 147 enthalten ein Vermächtnis, mit dem der Dichter-Sprecher seine Zuhörer ermahnt, nicht zu vergessen, dass ihre gemeinsamen Überlieferungern, ihre Geschichte, sie einander zu Unterstützung und Gemeinschaft verpflichtet.
134 Es aub on iyam utaim [ on i ]
So trage ich es vor, und ich diene [ so ]
135 Ablas on iyam ubhae [ on i ]
Verschränke meine Arme so, und erwarte die Anordnung [ so ]
136 Au tua kenum au uis kenut au am kenum [ au en kenu ]
Meine Herren und meine Herrscher, meine Väter und [ meine Mütter ]
137 Hit ama hit ena na`ko Nel Panan - natian nen toinat nahinem nen a`net [ nahin ]
Unser Vater und unsere Mutter aus Nel Panan - mögt ihr meine Rede hören und sie verstehen, meine Worte hören und [ sie begreifen ]
138 Nok neu neno i taekum tatefat pah Maemletet Kua Mukem Bi Taek maela maotaan mapepam [ masanu ]
Wegen des heutigen Tages, an dem wir uns versammeln und uns treffen, im Land Mae und Nai Lete, in Kua Muke und Bi Taek, wo es Fortstzung und Dauer gibt, einen Anfang und
ein Ende ]
139 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
140 Sukif am tolaf maela maota mapepam [ masanu ]
Unterstützen und helfen wir uns gegenseitig, haben Fortsetzung und Dauer, haben einen Anfang und [ haben ein Ende ]
141 Neman onan lonum man saefafot onan popom [ nalen ]
Kommen um aufzufüllen und zu vermehren, bis zum Rand zu füllen, [ um aufzufüllen ]
142 Ton Finit Babis Sapai bi ni` in nanan man bi baki [ in nanan ]
Ton, Finit, Babis, Sapai, am inneren Pfosten und am Zaun, [ dem Inneren ]
143 Neno pinat nok konif in tuanam in uisnat on maf in tuanem [ in usin ]
Strahlender Himmel: Mit dem Eckzahn, seinem Herrn und seinem Herrscher, mit der Zunge, seinem Herr und [ seinem Herrscher ]
144 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
145 Es aub on iyam ubhae [ on i ]
So trage ich es vor und erwarte die Anordnungen [ so ]
146 Ablas on iyam ubhae [ on i ]
Verschränke die Arme so und erwarte die Anordnungen [ so ]
Ausklang: Vers 148 bis 176
Im letzten Teil der Dichtung äußerst sich M.L. Seo noch einmal zusammenfassend zu den verschiedenen Neno-Migrationen und ihren Konsequenzen für das gemeinsame Beziehungsgefüge:
- In den Versen 148 bis 163 erinnert Seo an Ni Tanesib und die Orts- und Eigennamenbündel in Molo-Miomafo, seiner alten Heimat (Vers 148 - 153), denen er vor seiner Migration tributpflichtig war. In den Versen 148 - 150 wird der Adressat der Rede nicht deutlich. "Gemeinsam" in Vers 148 deutet an, dass zwischen den Namengruppen in diesem Vers und den später genannten in Kuan Fatu bezüglich Ni Tanesib eine Vereinbarung getroffen wurde. Irritierend ist die Aussage der beiden Folgeverse, die von nur einer Gruppe sprechen, ohne zu spezifizieren, wer seine Entscheidung tritt und seinen Willen äußert (Vers 150). Ich lasse diese Unklarheit wie Seo sie erzählt, ohne korrigeirend in die Verse einzugreifen. In Vers 156 - 163 nennt Seo die neue Heimat des Migranten: Kele in Kuan Fatu. Er tut dies, indem er Klarnamen und metaphorische Namen verwendet.
- Die Metaphern in Vers 156 stehen für die Herren von Kuan Fatu und einen Eidpakt, den Sole und Sapai, als Meo Mone und Meo Feto, vor langer Zeit geschlossen haben. Die unübersetzte Formel in Vers 158 bezieht sich auf eine Sache, die Ni Tanesib als Kompensation für das Land, das er erhielt, oder aber als Zeugnis für den geschlossenen Bund angeboten hat. Es handelt sich dabei um eine nicht näher bestimmbare Sache aus Eisen (besi) sowie aus dem Kernholz eines Baums (tias); möglicherweise auch um eine Metapher, die auf einen analogen Zusammenhang verweist
- Die Verse 165 bis 176 enthalten eine weitere Mahnung, die Ereignisse der Vergangenheit als ethisches Leitmotiv für die Zukunft zu verstehen.
147 Nok neu afi neno un-unum fai [ un-unun ]
Und weil einst, in den früheren Tagen und in den Nächten, [ den vergangenen ]
148 Nok Ni Utan Ni Poe Ni Mamon Ni Amnekun Ni Fanu Ni Tkeser Ni Sipa Ni Alun Ni Bahan Ni Tain Benan Ni Kono Ni Oematan Ni Babu Ni Bife Ni Mela Ni Manbait bi Molom Meumafot Pai Nenom Oenan - neno pinat neon [ aklahat ]
Gemeinsam mit Ni Utan, Ni Poe, Ni Mamon, Ni Amnekun, Ni Fanu, Ni Tkeser, Ni Sipa, Ni Alun, Ni Bahan, Ni Tainbenan, Ni Kono, Ni Oematan, Ni Babu, Ni Bifel, Ni Mela, Ni Manbait in Molo und Miomafo, und auch in Pai Neno und Oenan - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
149 Matua kaum mausi kaut maama kaum [ maena kau ]
Mein Herr und mein Herrscher, mein Vater und [ meine Mutter ]
150 In neknem in tainet in nopnem [ in nanan ]
Seine Gedanken und sein Wille, seine Gefühle und [ sein Empfinden ]
151 Na` anpolin kua mnasi`am bael [ mnasi ]
Sie das alte Dorf hinter sich zurückließen, den Ort, [ den alten ]
152 Na` naletu`onam nemat nafoi`onam [ nem ]
Brachen auf und kamen an, machten sich auf den Weg und [ kamen an ]
153 Neman nao Ni Koli Ni Toli Ni Amu Ni Nope Ni Nuban Ni Toi bi Klabnam Tain Lasit Maunum [ Nik Nik ]
Kamen zu Ni Koli, Ni Toli, Ni Amu, Ni Nope, Ni Nuban, Ni Toi nach Klaban und Tain Lasi, nach Maunu und
[ Niki Niki ]
154 Na` anlekan lek-lekom man lulun [ lek-leok ]
Dort zeigte man es ihnen sehr gut, und bestimmte es für sie [ der Ordnung gemäß ]
155 Nem neu Maemletet Kua Mukem [ Bi Taek ]
Und sie kamen nach Mae und Nai Lete, nach Kua Muke und [ Bi Taek ]
156 Nem konif in tuanam in uisnat maf in tuanem [ in usin ]
Kamen zum Eckzahn, dem Herrn und dem Herrscher, der Zunge, dem Herrn und [ dem Herrscher ]
157 Na` Ni Neno nabela nanim namautun [ nani ]
Und Ni Neno legte es nieder, und deponierte [ es dort ]
158 Naka tol besi Banamam matol tias [ banam ]
Man sagt: Tol Besi Banam Matol Tias [ Banam ]
159 In tuanam in uisnat - neno pinat neon [ aklahat ]
Seinem Herr und seinem Herrscher - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
160 Na` neno i nabiabon lek-lekom natalbon [ lek-leok ]
Und heute sind sie sehr gut befreundet, sind leben miteinander [ sehr gut ]
Nabiabon und natalbon ergänzen sich in ihrer Bedeutung, ohne synonym zu sein. Die Bedeutung von nabiabon kann ich nicht eindeutig erklären: In Frage kommen biaf, Freund oder bian, die andere Seite. Nabiabon könnte auf ein Paar verweisen, dessen Verhältnis sehr eng oder intim ist. Dieses Paar könnte ein vertrauter Freund, ein Ehepartner aber auch zwei sozial verbundene Gruppen sein.
Natalbon leitet sich von talan, schließen, ab: sich gegenseitig annähern, um sich zu verbinden. Natalbon bedeutet auch: übereinstimme, zueinander gehören.
Das parallele Wortpaar nabiabon / natalbon bringt eine Harmonie, eine Eintracht, zum Ausdruck, die durch die Verbindung eines Paars entsteht, eines Paars, dass gegenseitig füreinander eintritt, sich ergänzt und unterstützt.
161 On Mone Nae`yan bi Maemletet Kua Mukem [ Bi Taek ]
Mit dem Mone Nae in Mae und Nai Lete, in Kua Muke und [ Bi Taek ]
162 On namnon nok namkoa nok kelo kotot on natua neu sinim na`uis [ neu sin ]
Gut befreundet betrachten sie sich, mit dem gefleckten Waldaffen, der ihr Herr ist, der Herrscher [ für sie ]
Mamnon, Umgang miteinander pflegen, einen sehr engen, sehr vertrauten Umgang, wie ihn Menschen haben, die "Freud und Leid" miteinander teilen.
Namkoa, ein Lexem des Molo-Dialekt (in Amanuban namkak) ist in diesem Zusammenhang weniger deutlich, und dient wahrscheinlich dem Zwang zum Parallelismus. Namkoa enthält eine negative Konnotation, meint das neugierige Anstarren mit geöffnetem Mund, ein Verhalten, das in Amanuban als blöde oder dumm aufgefasst wird.
Kelo koto metaphorisch für die Landschaft Lamu. Ein Kelo koto ist ein Affe (kelo), dessen Fell gescheckt, gemustert (koto) ist, und dessen Fellfärbung von der normalen Fellfarbe abweicht.
163 Ai` faif kamnat natua neu sinim na`uis [ neu sin ]
Mit dem Wildschwein, das ihr Herr ist und das Herrscher [ für sie ]
164 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
Faif kama, Wildschwein (eigentlich fafi fui). Die Bedeutung von kama ist ungeklärt. Beide Bezeichnungen, Kelo koto und Fafi kama, stehen metaphorisch für den Lamu.
165 Es aub on iyam utaim [ on i ]
So trage ich es vor und erwarte Anweisungen [ so ]
166 Ablas on iyam ubhae [ on i ]
Verschränke die Arme so und erwarte Anordnungen [ so ]
167 Au tua kenum au uis kenut au am kenum [ au en kenu ]
Meine Herren und meine Herrscher, meine Väter und [ meine Mütter ]
168 Naiti nu`nam naleta neu tut muni taul [ muni ]
Möge die Chronik erzählt werden, von der früheren Herkunft, damit die Verbindung [ in Zukunft ]
169 Henait nafilim nabalahat naponim [ nabalah ]
Bewahrt bleibt für immer, und beachtet wird [ auf dauer ]
170 Tutam nabalahat tan talum [ nabalah ]
Beantwortet wird für immer, und zusammengebunden [ auf Dauer ]
171 Ina suik munim taul [ muni ]
Unterstützt wird auch später, und verbunden wird [ zukünftig ]
172 Naleta suik muni taul [ muni ]
Sodass weiter erzählt wird von der Unterstützung, von der Fortsetzung [ in der Zukunft ]
173 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
174 Esa ablas on iyam ubhae [ on i ]
Nämlich so verschränke ich die Arme und erwarte Anordnungen [ so ]
175 Au tua kenum au uis kenut au am kenum [ au en kenu ]
Meine Herren und meine Herrscher, meine Väter und [ meine Mütter ]
176 Naiti nen toinat nahinem man nen a`net [ nahin ]
Hört meine Rede und versteht sie, hört meine Worte [ begreift sie ]
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