Freitag, 16. April 2021

Die Keile und Stäbe des Waldes - Die Dichtung



Vorbemerkung

Die Tonis-Dichtung Lasi Meo Lamu erzählt von bedeutenden Krieger-Kopfjägern des Lamu, ihrer Herkunft sowie ihrer Beziehung zu Sole Le`u und der herrschenden Klasse von Kuan Fatu. Sie erinnert an Ni Tabun, Ni Seo, Ni Baefeto und Ni Tkela.
Leni Musa Seo trug diese Dichtung in der Nacht vom 14. Februar 1992 unter dem großen Lopo von Nai Lete vor. Anders als die Tonis-Dichtungen von J.Ch. Sapay, die umfangreicher und detailreicher sind, komponiert Seo minimalistische Texte, die sich auf Wesentliches konzentrieren. Es besteht ein charakteristischer Unterschied zwischen den Stilen der beiden Dichter-Sprecher: Der größere Detailreichtung der Dichtungen Sapays machen das Verständnis leichter, während Seos Texte insgesamt esoterischer wirken und ein erheblich umfangreicheres Vorverständnis des Publikums voraussetzen. Dies zeigt sich schon auf den ersten Blick: Seo kommt für die Präsentation seiner Inhalte mit weitaus weniger Versen aus als Sapay. Seine Aussagen sind klarer und schnörkellos, während Sapay mit eingefügten, zusätzlichen Erklärungen arbeitet, wodurch seine Texte oft doppelt so lang werden wie die seines Kollegen. Dieser Unterschied liegt vor allem an der verschiedenen Sozalisation und Ausbildung beider Dichter-Sprecher. Sapay, der Autodidakt, mit höherer Schulbildung und Lehrerberuf, sowie einem Berufsleben in der indonesischen Bürokratie mit vielfältigen Kontakten in die Provinzhauptstadt Soë, Seo, der Analphabet mit seiner Funktion als Mafefa in der informellen politischen Organisation Kuan Fatus, und einem Leben im Umfeld dörflicher und bäuerlicher Strukturen.

Leni Musa Seos Jafet-Innovation: Vers 1 - 8

1 Lasim tunum nane neno pinat neon aklahat - au matua kaum mausi kaut maama kaum [ maena kau ]
Dies ist deine Angelegenheit, der du dort sitzt, Strahlender Himmel, Sonne, du Versengende - mein Herr, mein Herrscher, mein Vater und [ meine Mutter ]

Lais meto, Adat; lasi in diesem Kontext eine Angelegenheit (eine Sache) von besonderer Wichtigkeit, bei der es sich um Fragen der Herkunft und Genealogie handelt, deren Auswirkungen auf die soziale Struktur des Lamu bis heute bestehen. Wenn Musa Seo seinen Tonis-Monolog mit den Worten lasim tunan nane beginnt, fordert er die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer, denn die folgende Angelegenheit betrifft alle, da sich deren intraethnische Bedeutung nicht allein auf die vergangene Zeit bezieht. Johan Christian Sapay meint den gleichen Sachverhalt, wenn er seine Zuhörer an anderer Stelle, aber im gleichen Zusammenhang, mit den Worten ermahnt: mimnau henaiti ma mo`e mituin sa le` au leta, erinnert euch, damit ihr euch ebenso verhaltet, wie ich es gerade berichtet habe. Formulierungen und Appelle dieser Art machen deutlich, dass die mündlichen Dichtungen der Atoin Meto neben ihrer bewahrenden Funktion auch Normen und Wertvorstellungen tradieren, mit anderen Worten Handlungsorientierungen anbieten.

2 Au tua kenum au uis kenum au am kenum [ au en kenu ]
Meine Herren, meine Herrscher, meine Väter und [ meine Mütter ]
3 Nok neu kan ta-tai man ta-ta`at na` ta`ekum tatefam bi Maemletet Kua Mukem [ Bi Taek ]
Nicht heimlich und nicht leise kommen wir zusammen, treffen uns in Mae und Nai Lete, in Kua Muke und [ Bi Taek ]
4 Matua kaum ma`usi kaut Ni Yafet in sufnam in ka`uhnat pah nama` taonem mahonin ae kan lenan nale`u kitim kan noena [ nale`u kit ]
Mein Herr und mein Herrscher, Jafets Blüte, sein Nachkomme, aus seiner Heimat, von seinem Charakter und seiner Geburt ist unser noch nicht überdrüssig und entlässt [ uns noch nicht ]

Jafet ist einer der drei Söhne Noahs, der als Stammvater der „europiden Rasse“ angesehen wird. Die beiden anderen Söhne Noahs sind Sem, der Stammvater der Asiaten, und Ham, der der Afrikaner. Mit der Anrede Ni Yafet in sufan in ka`un ordnet Musa Seo meine Herkunft und meine Anwesenheit im Lamu in diesen legendären, alttestamentlichen Kontext ein. Gleichzeitig legitimiert Seo mit dieser Innovation meine genealogische und geografische Herkunft, eine der wichtigsten Funktionen einer Tonis-Dichtung. Aus Mangel an persönlichen Daten greift er die Noah-Überlieferung des Alten Testamentes auf, die ihm den genealogischen, sozialen und historischen Rahmen bietet, mich in ein Netzwerk von genealogischen Beziehungen einzuordnen.
Die Metapher in sufan in ka`un, die abgefallene Blüte, bezeichnet mich als den zuletzt Geborenen in einer Abstammungslinie. Botanische beziehungsweise zoologische Metaphern bilden eine Hauptkategorie der mündlichen Dichtungen. Die beiden anderen Wortpaare, pah nama` und taon mahonis beziehen sich beide ebenfalls auf Genealogie und Herkunft. Pah nama`, Land, der Teil eines Landes, bezeichnet die enge Beziehung eines Individuums mit seinem Siedlungsgebiet, einem Raum, der aus benannten Orten besteht, deren Namen die allgegenwärtige Präsens historischer Ereignisse repräsentiert. Allgemeiner aufgefasst bezeichnet pah nama` den von den Ahnen vererbten Siedlungsraum. Die Metapher taon mahonis, charakterliche Eigenschaft oder genealogische Abstammung, dient dem gleichen Zweck, mit dem Unterschied allerdings, dass nicht das Land im Vordergrund steht, sondern das Individuum, das aktuell letzte Glied in einer Linie patrilinear verwandter Personen. Genauer betrachtet ergänzen pah nama` taon mahonis die botanische Metapher, in dem sie ihre Bedeutung konkretisieren. Die Funktion der Verszeile Ni Yafet in sufan in ka`un pah nama` taon mahonis entindividualisiert meine Person, um mich in eine genealogische Linie einzuordnen. Somit genügt sie den Anforderungen der mündlichen Dichtung, in der handelnde Personen nur scheinbar Individuen sind, in Wirklichkeit jedoch kollektive Kategorien repräsentieren. Als Jafet repräsentiere ich den jüngeren Bruder von Sem, der nach Hause zurückgekehrt ist, weil er von alters her eine vertraute Beziehung zu Land und Ahnen besitzt. Meiner Individualität entkleidet, habe ich in einen größeren sozialen Zusammenhang gewonnen.
Len, sich langweilen, überdrüssig sein; noena, das Verlängern des Seils, an dem Ziegen auf der Weide angebunden sind, damit sie nicht zu weit abwandern. An dieses Seil gebunden kann sich die Ziege nur in einem definierten Bereich bewegen. Sobald ein so bestimmter Bereich abgegrast ist, wird das Seil verlängert. Seos Verbindung von len und noena zu einem parallelen Wortpaar bildet eine sarkastische Fußnote zum Historiker-Seminar: Auch in der dritten Nacht wurde aus der Kuan Fatu-Chronik noch nicht erschöpfend erzählt, sodass die Verpflichtung zur Fortsetzung weiter besteht. Seos Jafet-Innovation ist auch deshalb interessant, weil sie zeigt, wie die Dichter-Sprecher mit den Problemen der Text- und Sinnpflege ihrer Dichtungen verfahren, sollte es eine veränderte Situation erfordern, deren lebenweltliche Bedeutung zu sichern.

5 Nok neu afi fenam nemnam man bo`ok man batiok on le` nat tan ta`en nanim man ba`an [ nain ]
Weil sie sich früher auf den Weg machten, ankamen und sich aufteilten, sich trennten, sich es wirklich versprachen, es vereinbarten [ wirklich ]
6 Nak kais mutenab ho nekma neu kaut kais mutenab ho tema kaut of anbi neno namunit fai [ namuin ]
So hieß es: „Betrübe dein Herz nicht wegen mir und bereite dir keinen Verdruss, denn in den kommenden Tagen, in den Nächten den [ kommenden ]
7 Mes au piu itah ho hukmen ho noibme henaiti telim utuin kot ta` naom [ utuin ko ]
Folge ich deinen Spuren und deinen Fußabdrücken, damit auch ich den Weg betrete und ihm folge, aufbreche und [ ihm folge ]

Die Verse 4 bis 7 beziehen sich auf das Versprechen der Söhne Noahs, dass die Stammväter der Europäer (Jafet) und Asiaten (Sem) in der Zukunft wieder zusammentreffen werden.

8 Esna nenon aukam man ma-mabet taneokam man paitat ke faiman mes okat ta`euk toknem tatef [ tokan ]
Heute sage ich: Am Nachmittag, am Mittag, und nicht nur in der Nacht, treffen wir schließlich zusammen, sitzen hier und treffen aufeinander und [ sitzen zusammen ]

Seo verwendet drei Tageszeiten in diesem Vers, um auf den zeitlichen Aufwand des Zusammentreffens hinzuweisen, das eigentlich zeitlos ist: man ma-mabet, Nachmittags zwischen 16 und 17 Uhr, taneokam man paitat Mittags zwischen 13 und 15 Uhr sowie fai man mesokat, die Dunkelheit, die Nacht, die in Amanuban gegen 18 Uhr eintritt. Alle Tageszeiten verwenden manas beziehungsweise man, Sonne, oder neno wie in taneok, Tag oder Sonne, als Zeitmaß.

Die Krieger-Kopfjäger Ni Tabun und Ni Leni Besi: Vers 9 - 26

9 Maut he unaob in toinem unaob [ in a`an ]
Damit ich die Erzählung fortsetzen kann, fortfahren kann mit [ den Worten ]
10 Neu au tua kenum au uis kenut au am kenum [ au en kenu ]
Für meine Herren und meine Herrscher, für meine Väter und [ meine Mütter ]
11 Hit batas hit nakat aena tam neu Toisafe - neno pinat neon [ aklahat ]
Ihre Grenze, ihre Grenzmarkierung verläuft bis nach Toisafe - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]

Batas ist aus der Bahasa Indonesia entlehnt, und dort das Lexem für Grenze. Im Uab Meto lautet das synonyme Wort nakat. Anders als das abstrakte Batas, bezeichnet Nakat eine in der Wirklichkeit sichtbare Grenzmarkierung, wie einen kleinen Fluss, einen fatu, einen großen und auffälligen Stein, dessen Gestalt assoziativ wirkt, und der die Atmosphäre einer Landschaft prägt oder einen besonders alten und mächtigen Baum, am besten mit einer Quelle. Amanuban ist übersät mit solchen, bedeutenden Landmarken mit einem Namen. Das trockene Land, das pah meto, ihre Heimat, die die Atoin Meto, die einheimischen Menschen, auch einfach Meto nennen, ist ein geografisches Netzwerk, eine Geschichtenkarte, die Landschaft, Ereignis und Atmosphäre ineinanderbindet, mit Geschichte aufgeladene Orte, stumme Zeugen einer generationenübergreifenden Ost-West-Migration in der Vergangenheit dieser ostindonesischen Kultur.

12 Es noe haefam noe [ nakaf ]
Nämlich am Fuß des Flusses und des Flusses [ Kopf ]
13 Nua sin na`ekun lek-lekom natefan [ lek- leok ]
Zwei treffen und begegnen sich dort [ besonders gut ]
14 Natokob lek-lekom namauk [ lek-leok ]
Lassen sich gut nieder und bleiben unbeweglich, [ ganz gut ]
15 Ni Len Besi ina haeknem ina mninat nain pina ina haeknam [ ina mnina ]
Ni Leni Besi gründete und errichtete es, Nain Pina gründete und [ errichtete es ]
16 Fain on natena tnanam nasnas [ tnana ]
Es stand ruhig in der Mitte und blieb [ in der Mitte ]

Natena, ruhig, unbeweglich; nasnas, anhalten, innehalten; auch in der Bedeutung von Atmen schöpfen, weil man vom langen oder schnellen Gehen müde wurde (snasan, Atem). Tnanan, sich in der Mitte zwischen zwei Dingen befinden; temporär oder permanent.
Gemeint ist ein Wachtposten, etwa ein Fort oder eine ähnliche militärische Konstruktion, die nicht unbedingt ein Gebäude, sondern die ebensogut eine landschaftliche Besonderheit sein kann, wie beispielsweise ein mit dornigen Zweigen befestigter Hügel. An diesem Ort bewachen und beschützen Ni Tabun und Ni Besi eine Grenze der Domäne Kuan Fatu.

17 Fain on utatnanam ma non [ tnana ]
Stand in der Mitte und trennte [ in der Mitte ]

Uta tnana bezieht sich auf den Trennstab (utan), der die beiden Fächer einer Endloskette in zwei Lagen trennt. Non oder nonon ist die Kette eines solchen Gewebes, das der Utan in zwei Lagen teilt. Uta tnana bedeutet also die Kette in zwei Lagen trennen, die Kettfäden für die Aufnahme des Musters zu sortieren, um gleichzeitig zu verhindern, dass die beiden Lagen beim Weben ineinander geraten. Symbolisch aufgefasst, stützt und bewacht der Utan die Organisation der Kette auf dem Gurtwebgerät, sodass die Kettfäden des natürlichen Faches nicht mit dem von den Litzen gebildeten, künstlichen Fachs vermischt werden. In der Mitte stehen bezieht sich auf Ni Tabun und Ni Seo, deren Wacht auf ähnliche Weise zwei benachbarte Territorien trennt.

18 Fani tol nua`am ma tnat [ nua ]
So wie zwei Stäbe und wie der Stützen [ zwei ]

Tola, Stab oder Stütze. Das Verb natnat, etwas mit einem Tragetuch als Stütze einer Last auf der Schulter tragen; etwas oder jemand unterstützen.

19 Neu noe haenam noe [ nakan ]
Am Fuß des Flusses und des Flusses [ der Kopf ]

Ni Tabun und Ni Besi schützten die Grenzen und Landmarken Kuan Fatus. Seo teilt nicht mit, welches der Tore Kuan Fatus sie bewachten, und ich habe ihn nicht gefragt, weil ich manches noch nicht wusste. Die politischen Territorien der Atoin Meto waren durch bestimmte Landmarken gegeneinander abgegenzt, wie auffällige Steine, Berge mit besonderer Bedeutung, bizarre Felsen, Quellen oder ähnliches. In den meisten Fällen handelt es sich um Erinnerungsorte, die mit einem bestimmten historischen Ereignis der Klan-Migration zusammenhängen.
Die beiden Krieger-Kopfjäger, an die Musa Seo in seiner Dichtung erinnert, sind der Fuß und der Kopf des Flusses (noe hae / noe nakan), ein Ort, wo einst ein Fort gestanden haben mag (s. Vers 17). Diese Tore lagen meistens an der östlichen oder westlichen Grenze der Territorien, da von dort der Feind einfiel; beispielsweise die Niederländer und die mit ihnen verbündeten westlichen Atoin-Meto-Reiche, an einem hypothetischen Westtor, oder die Tetun (Belu) und Portugiesen am Osttor. Ich habe diese militärischen Positionen in meiner Untersuchung Die Kuan Fatu-Chronik für das Amanuban der Nope-Dynastie beschrieben. An einem dieser Tore bewachten Ni Tabun und Ni Besi die Grenze, die Bewegungen verfeindeter oder fremder Gruppen, vielleicht einen wichtigen Weg. Deshalb sind sie für Ton, Finit, Babis und Sapai auch die zwei Stäbe und die zwei Stützen (tola nua / tnana nua).

20 Neon apinat neon aklahtam es Ton Finit Babis Sapai naif lek-lekom man faf [ lek-leok ]
Strahlender Himmel, Sonne, du Versengende, nämlich Ton und Finit, Babis und Sapai heben sie auf den Rücken, heben sie auf ihren Schoß, [ besonders gut ]
21 Fain onan lunu lonum man saefafot onan popom [ naheun ]
Sie füllten es auf und vermehrten es, füllten an und häuften hoch und [ füllten es ]

Die Metaphern der Verse 20 und 21 verwendet ein Dichter-Sprecher immer dann, wenn es um geschlossene Allianzen geht, die einerseits den Schutz der herrschenden Klasse für den Neuankömmling ausdrücken, andererseits deren Funktion für das Land, dem sie nun dienen.

22 Ton Finit Babis Sapai anbi Maemletet Kua Mukem [ Bi Taek ]
Ton, Finit, Babis, Sapai in Mae und Nai Lete, in Kua Muke und [ Bi Taek ]
23 Es au matua kaum mausi kaut au maam kaum [ maena kau ]
Sodass ich einen Herrn bekomme, einen Herrscher, einen Vater und [ eine Mutter ]
24 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
25 Maut hem nen toinat mihinem mam nen a`net [ mihin ]
Möge meine Rede gehört und verstanden werden, meine Worte vernommen und [ begriffen werden ]

Der Krieger-Kopfjäger Ni Seo: Vers 27 - 59

26 Fonta tenim ta`oin ateni neno pinat neon aklahat ]
Ich fahre fort und berichte weiter - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
27 Ni Soe in elnem in otnat in pepnem [ in sanun ]
Über Ni Seos Weg, über seine Gedanken, seinen Anfang und [ sein Ende ]

In den folgenden Versen erinnert Musa Seo an einen seiner Vorfahren, der zuerst in Nunusunu wohnte; heute siedelt die Namengruppe Seo in Kele. In Nunusunu waren sie einst vier Männer, und alle waren Krieger-Kopfjäger. Der Herr von Nai Lete (der Meo Nae Sole Le`u) ging zu ihnen und rekruierte sie in sein Heer. Wahrscheinloch integrierte er auch ihren Landbesitz in seinen.

28 Nok neu afi pune ham ma naka [ ha ]
Früher lebte er zusammen mit den vier Maiskolben, den Köpfen den [ vieren ]
29 Bi Nekem Kualinat Kualinam [ Kua Tae ]
In Neke und Kualin, in Kualin und [ Kua Tae ]
30 Bi nuta naek in balnem man bi tuna naek [ in balen ]
Am Ort des großen Feuerholzes und der großen Herdsteine [ Ort ]

Kualin ist die im Süden von Kuan Fatu gelegene Domäne, die an den Indonesischen Ozean reicht, und deren Herrscher enge verwandtschaftliche Beziehungen und Allianzen mit Kuan Fatu unterhielten (vgl. a. Der Fürst im Lamu). Vers 30 nennt das für dieses Territorium üblich Ortsnamenbündel.
Nuta heißen die Holzscheite, die zwischen den drei Herdsteinen in die Glut gelegt werden. Diese Holzscheite brennen nur an ihrem vorderen Ende, und werden nach Bedarf weiter in den Herd hineingeschoben. Eine äußerst sparsame Methode ein Feuer permanent zu unterhalten. Die Herdstelle, ein aus drei großen Steinen gebildeter Dreifuß, der sich einst in jedem Wohnhaus (ume kbubu) befand, heißt tunaf. Ein tunaf ist das Zentrum des weiblich konnotierten Atoin Meto-Hauses, ist Kochstelle und Wärmespender in den kühlen Nächten der Mittelgebirgslage von Amanuban. Tunaf ist ein interessantes Wort und ein Derivat von tunan, Spitze, Spross, dem vorläufigen Ende eines Wachstumsprozesses, von dem aber weiteres Wachstum erwartet wird. Ein finales -f drückt im Uab Meto die Funktion von Identität aus, ein Tunaf ist also wie ein Tunan. Um dies zu erläutern: ama ist zugleich der biologische Vater und der Haushaltsvorstand, ein amaf dagegen ein politischer Funktionsträger, der wie ein Vater ist. Der Tunaf ist also wie ein Tunan, ein weiterer biologischer Terminus als symbolische Repräsentation. Der zentrale Herd im Ume kbubu dient als Symbol der Kontinuität einer Abstammungslinie, denn mit dem Auszug aus der elterlichen Wohnung, und dem Einzug in ein eigenes Haus, entsteht ein neues soziales Segment eines Klans. Im Bild der botanischen Metapher ähnelt dieser Prozess einer Pflanze, die wieder ein Stück weiter gewachsen. In sozialen Kategorien: die genealogische Linie hat sich um ein weiteres Segment vermehrt. Aus dem Ume kbubu, das früher als Gebärmutter Amanubans aufgefasst wurde, ist Neues hervorgegangen. Außerdem weist die Metapher nuta ma tuna auf die Feto Nae-Funktion Kualins für Kuan Fatu hin.

31 Ni Soel Le`u in neknem in tainant in nopnem [ in nanan ]
Ni Soel Le`u äußerte seine Gedanken und seinen Willen, sein Fühlen und sein [ Empfinden ]
32 Nanebtonam nasaunaton neno pinat neon [ aklahat ]
Kam herunter und stieg herab - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
33 Mam bo`am man bait sin on faif an em mabib [ anah ]
Aufgeteilt und getrennt hat er sie, wie Ferkel und wie die Ziegen [ die jungen ]
34 Ai` on sis fafim mak [ ane ]
Oder wie Schweinefleisch und gekochten [ Reis ]
35 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
36 Es puin nua`am ma nak nua nabalna nuta naek in balnem tuna naek [ in balen ]
Nämlich die zwei Maiskolben und die zwei Köpfe blieben, am Ort des großen Feuerholzes und des große Herdsteins
[ Ort ]
37 Puin nua`am ma nak nua natnan ok neu ni` in nanan neu baki [ in nanan ]
Zwei Maiskolben und die zwei Köpfe kamen voran, zum inneren Pfosten und zum Zaun [ im Inneren ]

In seine Domäne aufgenommen, weist ihnen Ni Sole Land und Amt zu, teilt die Männer in zwei Gruppen auf (pune nua ma nakan mua), wie er es auch mit seinem Vieh tun würde (fafi ma bibi sisi fafi ma maka ane). Ni Sole ist ein absoluter Herrscher. Zwei von ihnen blieben im alten Dorf und am alten Ort (nuta naek in balnen ma tuna naek in balen) in Kualin zurück. Die beiden anderen kamen nach Kuan Fatu (Kele), an ihren neuen Wohnsitz, zum inneren Zaun und inneren Pfosten (ni` in nanan ma baki in nanan).

38 Hen fani sukif tolaf neu keos ha`am moen ha bi ni` in nanan man bi baki [ in nanan ]
Um Keile zu werden und um Stäbe zu werden, für die vier Stiere, die vier Männer, am inneren Pfosten und am Zaun [ im Inneren ]
39 Es Ton Finit Baibsam [ Sapai ]
Nämlich für Ton, Finit Babis und [ Sapai ]

Wie Tabun und Besi wurden auch die beiden Seo zu wichtigen Vasallen ernannt, die in Vers 38 Keile und Stab (sukif ma tolaf) genannt werden, für die vier Stiere und die vier Männer, für Ton und Finit, Babis und Sapai.

40 Es nemantiat Keos ha moen ha nabela nek kenum tai kenu nop kenum [ nan kenu ]
Bis sie zu den vier Stieren, den vier Männern kamen, die ihre Gedanken und ihren Willen äußerten, ihre Gefühle und [ ihr Empfinden ]
41 Naif lek-lekom man faf [ lek-leok ]
Hoben sie gut auf den Rücken und nahmen sie auf den Schoß, [ besonders gut ]
42 Tanu sin lek-lekom man poh sin [ lek-leok ]
Bedeckten sie gut und hielten sie in den geschlossenen Händen, [ richtig gut ]
43 Okat natipub nafani puin mesem ma nak [ mese ]
Bis schließlich der eine Maiskolben zurückkehrte, der Kopf, [ der eine ]
44 Es Leni mnasi`am man utaknoebon neno pinat neon [ aklahat ]
Nämlich Leni Mnasi, auch Uta knoebon (genannt) - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
45 Utan naknoebon neno pinat neon [ aklahat ]
Utan Knoebon - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]

Leni Mnasi in Vers 44 ist identisch mit Ni Seo, nur wird er hier Leni, der Alte, genannt. Er trägt den gleichen Vornamen we Leni Musa Seo; Musa, Moses, ist sein christlicher Taufname. Musa Seo erzählt, dass Leni Seo zurückgekehrt ist, Er nennt ihn im gleichen Vers auch Utan Knoebon. Knoebon halte ich für ein Epitheton wie mnasi, alt.
Knoebon ist ein eigenartiges Wort, dass auf den ersten Blick ein Verb zu sein scheint, aber schwer zu verstehen und daher nicht wirklich übersetzbar ist. Der Wortstamm von knoebon könnte knobe lauten. Knobe heißt die aus Bambus hergestellte Mundorgel, die zwischen die Lippen geklemmt wird. Um einen Ton zu erzeugen, wird an einem Faden gezogen, der eine bewegliche Zunge vibrieren lässt. Utan Seo könnte demnach jemand gewesen sein, der es verstand, dieses Instrument zu spielen. Dass Seo ihn einmal Leni, dann Utan nennt, dieser Widerspruch ist mr erst aufgefallen, als ich nicht mehr nachfragen konnte. Möglicherweise hat sich Seo auch mit seinem Vorfahren identifiziert, sodass ihm mit Leni ein Lapsus linguae unterlaufen ist, ein Sachverhalt, der aufgrund der Wir-Priorität austronesischer Sprachen nicht ungewöhnlich ist.

46 Bano mnasi nabalah ni` in nanem baki [ in nanan ]
Bano mnasi blieb beständig am inneren Pfosten und am Zaun [ im Inneren ]
47 Koes ha moen ha puin ha ma nak ha nok ni` in tuanem in uisnet baki in tuanem [ in usin ]
Der vier Stiere, der vier Männer, der vier Maiskolben, der vier Köpfe, zusammen mit dem Herr und dem Herrscher des Pfostens, des Zauns Herrn und [ Herrscher ]
48 Uisnes es Meo Banam neno pinat neon [ aklahat ]
Mit dem einen Herrscher, nämlich dem Meo Banam - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
49 Nabela sin nek kenum sin tai kenut sin nop kenum [ sin nan kenu ]
Der äußerte seine Gedanken und seinen Willen, seine Gefühle und [ sein Empfinden ]
50 Naitnan Noe Besi Noe Lasim napohta lek-lekom nana`ta [ lek-leok ]
Und erhöhte Noe Besi, Noe Lasi, hielt ihn gut in seinen geschlossenen Händen und hielt ihn fest, [ besonders gut ]
51 Nafefbok neunam nahanok [ neun ]
Redete zu ihm und sprach [ zu ihnm ]
52 Bi Maemletet Kua Mukem [ Bi Taek ]
In Mae und Nai Lete, in Kua Muke und [ Bi Taek ]
53 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
54 Manus-nusu man poh-poho neno pinat neon [ aklahat ]
Bedeckten sich gegenseitig und hielten einander in ihren geschlossenen Händen - Neno Pinat Neon [ Aklahat ]
55 Masukin lek-lekom matolan [ lek-leok ]
Unterstützten sich gegenseitig gut, wurden einander eine Stütze, [ besonders gut ]
56 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
57 Es aub on iyam utaim [ on i ]
So trage ich es vor und diene [ so ]
58 Henait au tua kenum au uis kenut au am kenum [ au en kenu ]
Damit meine Herren und meine Herrscher, meine Väter und [ meine Mütter ]
59 Mnen toinat mihinem ma mnen a`net [ mihin ]
Meine Rede hören und sie verstehen, meine Worte hören und [ sie verstehen ]

Musa Seo verweist in den Versen 57 und 59 auf seine Autorität als Mafefa, als denjenigen, der einen Mund besitzt (fefan, Mund), um die historischen Überlieferungen seiner Gruppe bewahren und vortragen zu können. In dieser Funktion ist er dem inoffiziellen Fürsten von Kuan Fatu, der heute Ch.Z. Babys heißt, unterstellt und dient ihm unterwürfig (auban on i / utain on i), im Schneidersitz mit vor der Brust verschränkten Armen, im liminalen Übergangs- oder Eingangsbereich, auf der Schwelle sitzend. Aus diesem Grund verwendet er des öfteren diese höfliche Respektbekundung, die die bestehende Hierarchie bestätigt. Für J.Ch. Sapay, selbst Mitglied der herrschenden Klasse im Lamu, besteht nicht diese Verpflichtung, sich in einer Tonis-Rede selbst zu erniedrigen, nicht, und daher verwendet er diese Ausdrucksweise in seinen Dichtungen auch nicht.
Vers 59 enthält die charakteristische Formel mit der Seo den Wahrheitsgehalt seiner Rede beansprucht (mnen tonin man mnen anen).

Der Meo Lamu Ni Baefeto: Vers 60 - 98

60 Maut het fonta tenim ta`oina [ ten ]
Somit fahre ich weiter fort und berichte [ weiter ]
61 Neu Ni Baefeto ina aenam ina naona neon apinat neon [ aklahat ]
Über Ni Baefetos Ziel und seinem Weg - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]

Mit Bezug auf Ni Baefeto fügt Musa Seo eine volkstümliche Überlieferung in seine Dichtung ein, und macht mit dieser für ihn ungewöhnlichen Konkretheit seiner umgangssprachlichen Nacherzählung Konkurrenz. Er berichtet nämlich, dass der Herrscher Kuan Fatus, Ni Sole Le`u, mit Wachs und Sandelholz nach Kupang reiste. Er wollte es dort verkaufen, um an Bargeld zu kommen. Wachs und Sandelholz waren seit Jahrhunderten die begehrten Produkte Westtimors, die im interinsularen Handel zwischen Arabien und China schon immer eine besondere Rolle spielten. Seine Abnehmer waren möglicherweise die Händler der niederländisch-ostindischen Handelsgesellschaft, deren ostindonesisches Zentrum Kupang war. Dort, fährt Seo fort, begegnete er Ni Baefeto, alias Tetu Mnasi, mit dem er ein Abkommen bezüglich zerbrochener Ringe und Ohrringe (kleni ipu ma falo ipu) traf, die wieder in Ordnung gebracht werden mussten, eine Metapher für eine gescheiterte soziale Beziehung oder zerbrochene politische Allianz. Auf seiner Rückehr ins südliche Amanuban nahm Ni Baefeto nicht den direkten Weg, sondern besuchte Ni Antoin Nabuasa`, den Herrcher von Lasi, der Kuan Fatu nordwestlich benachbarten Domäne. Bei ihm erkundigte er sich bei über Sole Le`u und nach der politischen Situation in Kuan Fatu, und erhielt eine zufriedenstellende Auskunft. Also zog er in das Land Mae und Nai Lete, Kua Muke und Bi Taek, wo er die vier Stiere und die vier Männer, Ton und Finit, Babis und Sapai, traf, die ihn wohlwollend aufnahmen und zum Verbündeten machten. Und so wurde auch Ni Baefeto eine Stütze und ein Stab (Vers 93).

62 Es aub on iyam utaim [ on i ]
So trage ich es vor und ich diene [ so ]
63 Nok neu afi Ni Soel Le`u in patnem ina mo`ene in fanum in laisnet es na`nek nini`am hau meni`am na`an pi`o lanem man nao [ lanan ]
Weil Ni Sole Le`u sich früher zu einem adatkonformen Versprechen entschied, dass er mit Wachs und Sandelholz aufbrach und sich auf den [ Weg machte ]

Patan bezeichnet eine Basis oder die Grundlage für ein bestimmtes Verhalten, eine Charaktereigenschaft, die in der Folge näher bestimmt werden muss; ebenfalls Anlage im genetischen Sinn. Mo`en, eine Handlung oder Tätigkeit. In diesem Kontext sind patan / mo`en zu einem synonym parallelen Paar verbunden, um die Bedeutung dieser Metapher zu verstärken. Es ist Ni Soles patan ma mo`en, das die Grundlage für das in Kupang bekräftigte Versprechen (seinen fanu ma lasi) bildet (fanu, Eid, Versprechen; lasi, Adat, ganz allgemeine formelle oder Rechtssache), der ihn mit Ni Baefeto verband.

64 Nak hena sosa kunum hena pasa kunum bi Snae Ketu Kopan Kua Lunat [ Kopan ]
Sagte, er wll es verkaufen, will zum Markt am Strand der Geköpften Kupang, zum blutgeschmückten Weiler [ Kupang ]
65 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
66 Na` na`euk noknem natef [ nokan ]
Traf dort mit ihm zusammen und begegnete [ ihm ]
67 Tetu mnasi neno pinat neon [ aklahat ]
Mit Tetu Mnasi - Himmel, du Strahlender, Sonne, du [ Versengende ]
68 Nua sinim maman lek-lekom nasbon [ lek-leok ]
Und sie beiden aßen Betel gut und rauchten [ gut ]
69 Okatan matne neun lek-lekom man maba` neun [ lek-leok ]
Um sich schließlich gut abzusprechen und es sich zu versprechen [ gut ]
70 Nak au kleni nam ipum au falo [ namiup ]
Sodass er sagte: „Mein Ring ist zerbrochen und meine Ohrringe sind [ zerbrochen ]
71 Kaul kahat ait maut he u`euk okom utef [ oko ]
Denn wäre dies nicht so, würde ich dich dann treffen und würde zusammentreffen [ mit dir ]
72 Henaiti tutnai okom uskau [ oko ]
Damit ich dich auf der Schulter trage und auf den Rücken hebe, [ dich ]
73 He muloitan kau sin lek-lekom mubalab kau sin [ lek-leok ]
Damit sie wieder gut in Ordnung gebracht werden können, damit sie repariert werden können, [ richtig gut ]
74 Neno Pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
75 Na` natenab-natenab in neknem in tainat in nopnem [ in nanan ]
Und dann bedachte er seine Gedanken und seinen Willen, seine Gefühle und [ sein Empfinden ]
76 Na`an fenam nemam manao [ nem ]
Machte sich auf den Weg und kam an, brach auf und [ kam an ]
77 Tan telim natuinat tan naom [ natuin ]
Brach auf und folgte, ging und [ folgte ]
78 Nemat tan toen nok Hu`em Mneo`am Fafi Nisim es Nob-Nobim Kua Tae`at So`em Omnanu neno pinat neon
[ aklahat ]

Kam an und passierte Hu`e, Mneo und Fafi Nisin, dort ist Nobi Nobi und Kua Tae, Soë und Omnanu - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
79 Neman bolan Benu Neonnane Sae Liu Sopaba Toislaka bi Safe ma Buki`at tan bi Bonkam [ Hau Honi ]
Kam an und erschien bei Benu und Neonane, Sae, Liu und Sopaba und bei Toislaka, in Safe und Buki, in Bonak und [ Hau Honi ]
80 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
81 Natotim natan Antoin Nabuasa` neno pinat neon aklahat neu Ni Soel Le`u in kanem ina boine neno pinat neon
[ aklahat ]

Und bat auch und fragte Atoin Nabuasa` - Strahlender Himmel, Sonne, du Versengende – nach Ni Sole Le`us Namen und Ruf - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]

Das Eigennamen- und Ortsnamenbündel in Vers 78 und 79 repräsentiert in den Tonis-Dichtungen die Namengruppe Nabuasa`, die im benachtbarten Lasi die herrschende, in Konkurrenz zu Kuan Fatu stehende Klasse bildet.
Kanan, Name, und bonif, Ruf. Eine verbreitete Metapher in Verbindung mit den Protagonisten der Kuan Fatu-Chronik, die in individuellen und gesellschaftlichen Krisen beides zu verlieren oder zu gewinnen haben.

82 Naka mkisom ho matmem ma mpene [ ho matam ]
Und dieser sagte ihm: „Sieh hin mit deinen Augen und richte [ deine Augen ]
83 Neu Fatu Pup Molo Tapnam Tuik Nenot Hau Pup Molo Tapnam [ Tuik Neno ]
Nach Fatu Pup Molo, zum Tapan und Tuik Neno, nach Hau Pup Molo, zum Tapan und [ Tuik Neno ]
84 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
85 Ae in kiki kunum ma mnanu kun ta teme kun maklale kunum kaul ho mta`en mit kauwem ma mba`an [ mit kau ]
Sein eigenes Kiki und seine eigene Größe, seine eigene Unverletzlichkeit und sein eigener Mut und seine Kraft, weil du es mir schon einmal versprochen hast, weil du es mir zugesagt hast [ schon einmal ]

Die Bedeutung von Vers 85 bleibt dunkel. Seo zählt die Eigenschaften Baefetos auf, die ihn für die von Sole gewünschte Funktion befähigten. Es war viel schwieriger mit Seo über die Bedeutung solcher metaphorischen Charakterisierungen zu diskutieren als mit Sapay, der die Bedeutung der Tonis-Formeln intellektuell durchdrungen hatte, und der, wenn er die Bedeutung nicht mehr kannte oder unsicher war, sich gerne auf etymologische Spekulationen einließ. Seos Ernst, die seiner Verbindung mit seinem Amt als Mafefa geschuldet war, hatte mit solchen Interpretationen große Schwierigkeiten. Dafür aber steht seine Textpflege viel stärker für eine strenge Orientierung an den Vorgaben der in der Adat gründenden kompositorischen Verbindlichkeit. Kiki ist mir unbekannt; mnanu, hoch; aber ein großer Mann, atoin mnanu; teme bedeutet, unversehrt, jungfräulich oder vollständig, hier im Sinne von unverletzlich; maklale heißt die Spitze des Hahnenkamms (manu, Hahn; nain, Kamm), die für Mut, Aggressivität und Kraft steht, die dieses Tier, wie auch auch den Stier (kelo), auszeichnet. Ni Baefeto wird in diesen Vers als ein großer, mutiger Krieger geschildert, dem der Feind nichts anhaben kann. Ta`en und ba`an sind synonym: versprechen beziehungsweise übereinkommen.

86 Na`am ta`en Ni Soel Le`u - neno pinat neon [ aklahat ]
Er kam überein mit Ni Soel Le`u - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
87 Na`an naom man tef lek-lekom man toko [ lek-leok ]
Und er suchte ihn gut auf, er verband sich mit ihm, [ besonders gut ]
88 Na`an tutnai noknem naskau [ nokan ]
Und der trug ihn auf der Schulter und auf dem Rücken trug er [ ihn ]
89 Naub noknem natai [ nokan ]
Holte ihn ab und umkreiste [ ihn ]
90 Nemantia Maemletet Kua Muke [ Bi Taek ]
Kam bis nach Mae und Nai Lete, bis nach Kua Muke und [ Bi Taek ]
91 Ton Finit Babis Sapai simo lek-lekom man topu [ lek-leok ]
Zu Ton, Finit, Babis, Sapai, die ihn gut empfingen und aufnahmen, [ besonders gut ]
92 Naif lek-lekom man faf [ lek-leok ]
Die ihn gut auf ihren Rücken nahmen ihn auf ihren Schoß hoben, [ richtig gut ]
93 Hen masukin lek-lekom ma matolan [ lek-leok ]
Um sich gegenseitig gut zu unterstüzen, sich zu stützen, [ wie es sich gehört ]
94 Bi Maemletet Kua Mukem [ Bi Taek ]
In Mae und Nai Lete, in Kua Muke und [ Bi Taek ]
95 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
96 Es aub on iyam utaim [ on i ]
So trage ich es vor und ich diene [ so ]
97 Au tua kenum au uis kenut au am kenum [ au en kenu ]
Meinen Herren, meinen Herrschern, meinen Vätern und [ meinen Müttern ]
98 Mnen toinat mihinem ma mnen a`net [ mihin ]
Hört meine Rede, versteht sie, hört meine Worte und [ begreift sie ]

Der Meo Lamu Ni Tkela: Vers 99 - 112

99 Neno pintam maut het fonta tenim ta`oina [ ten ]
Strahlender Himmel - möge ich weiter fortfahren und berichten [ weiter ]
100 Neno pinat neon aklahat neu Ni Tkela ina aenem ina naone neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du Versengende - über Ni Tkelas Ziel und seinen Weg - Strahlender Himmel, Sonne, du
[ Versengende ]

In der abschließenden Passage erinnert Musa Seo an Ni Tkela, der mit seinem Gefolge (s. Vers 106) nach Kuan Fatu kam, um sich mit Ni Sole Le`u zu verbünden. Wie die anderen wohnten sie am inneren Pfosten und am inneren Zaun, in Mae und Nai Lete, in Kua Muke und Bi Taek. Dort wurden sie Stütze und Stab, Türschwelle und Türsturz (teli ma sutai). Das letzte parallele Paar erscheint im Kontext von militärischen Funktionsträgern überraschend, weist es doch auf den Mafefa (der einen Mund besitzt) hin, der im Eingang des Hauses sitzt, auf der Türschwelle, und Besucher und Gäste angemessen, das heißt in ritueller Rede, vorstellt und empfängt.

101 Nakan nesim nalen panfam niuwat op em [ pah baki ]
Sagte: „Vermehre das zu enge Gebiet, indem du die Grenze erweitert, und [ das Gebiet umzäunst.“ ]

Es gehört nicht nur zur Aufgabe eines Krieger-Kopfjägers, das Land zu bewachen und zu beschützen, sondern auch, es zu erweitern und auszudehnen (natik pah ma natik nifu, die Heimat vergrößern beziehungsweise natik ma nasap, vergrößern und erweitern), besonders in Zeiten knapper Ressourcen. Nalen, gehemmt, eingeklemmt, wegen eines engen Zustands; panaf, Geländezunge, Gebiet an einer äußeren Kante, das kann Wasser sein, aber auch ein steiler Abhang; opat, kleiner, etwas über das Bodenniveau gelegener Weg oder Damm, der auch eine Grenzmarkierung zwischen zwei Territorien sein kann; pah baki, ein umzäuntes Gebiet, Gelände. Dieser Vers bezieht sich auf Veränderungen der Grenze zwischen Ni Tkela, Ni Fini und Ni Loka (vgl. die zugehörige Erzählung).

102 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
103 Esna anfenam nemam manao [ nem ]
Er machte sich auf den Weg und kam an, brach auf und [ kam an ]
104 Ton Finit Babis Sapai nanenu nanem nanepo [ nan ]
Bei Ton, Finit, Babis, Sapai, schloss sie schon ein und umzäunte sie [ schon ]

Nanenu, umschließen, umkreisen; nanepo, einzäunen. Ein Nepo ist ein relativ grober Zaun, der schnell aus großen Ästen errichtet wird, aber viele Löcher aufweist, und der für Schweine kein Hindernis bildet. Ein solcher Zaun bietet den Gärten nur vor Rindern, Büffeln oder Pferden Schutz, das heißt, es hängt von der Vertrautheit ab, wer passieren darf.

105 Es Ni Fini Ni Loka neno pinat neon [ aklahat ]
Nämlich Ni Fini, Ni Loka - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
106 Es aub on iyam utaim [ on i ]
So trage ich es vor und ich diene [ so ]
107 Henaitin nasukin lek-lekom man matolan [ lek-leok ]
Um gut zu unterstützen und zu stützen [ gut ]
108 Henait nasonu neu sinim nanehe neu sin nateli neu sinim nasutai [ neu sin ]
Damit sie nachrücken und eng zusammenrücken für sie, Schwelle und Sturz sind [ für sie ]

Wenn während eines Reigentanzes (bonet) nicht nur die Männer zusammen tanzen, sondern sich hier und da eine Frau untermischt, um den Bonet zu schmücken, sagt man nasonu. Eine Situation, die in den Gärten eintritt, wenn nachgepflanzt werden muss, heißt sonu. Der größte Teil der Samen ist angegangen, einige Pflanzen sind groß, während andere noch deutlich kleiner sind (pen sonu, vereinzeln und pflanzen kleiner Maispflanzen). Der Begriff nahehe ist ebenfalls ein vom Bonet-Tanz entlehnter Begriff. In Amanuban ist es üblich, dass sich Männer und Frauen während des Tanzes mit den Armen unterhaken; in Amanatun ist es verpönt. Während des Tanzes berühren sich die Körper der Tänzer, die eng aneinandergepresst sind, nur mit den Schultern, bei der wiegenden, rhythmischen Schrittfolge des Bonet eine schwierige Haltung (nahehe, sich eng berühren, engen Kontakt haben). Die beiden Begriffe des folgenden Wortpaares lassen sich auf zwei verschiedene Weise auffassen: nateli, das Kopulieren von Hunden (asu nateli). Die Türschwelle eines Ume kbubu, auf die der Eintretende seinen Fuß setzt, heißt ebenfalls teli, und ich habe oft nach dem semantischen Zusammenhang gefragt, ohne eine Antwort zu bekommen. In diesem Kontext bedeutet nateli (mit dem Fuß) betreten. Nasutai dagegen, für etwas bürgen, etwas garantieren. Sutai heißt aber auch der Türsturz des Wohnhauses, der das Dach über der Tür stützt, und so den Eingang sichert. In einem allgemeineren Verständnis verwendet man teli auch für die Bevölkerung, die keinen Zugang zur politischen Macht besitzt.

109 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
110 Bi Maemletet Kua Mukem [ Bi Taek ]
In Mae und Nai Lete, in Kua Muke und [ Bi Taek ]
111 Ni Sole on in oil nenum in muin nenut in suik nenum [ in tol nenu ]
Ni Soles jüngere Brüder, seine kleineren Brüder, seine Stützen und die [ Stäbe, die seinen ]
112 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]

Epilog Vers 113 – 124

113 Es aub on iyam utaim [ on i ]
So trage ich es vor und ich diene [ so ]
114 Ablas on iyam ubhae [ on i ]
Verschränke ich meine Arme so, und ich kreuze meine Beine [ so ]

Stilistisch besteht auch im Abschluss der Dichtungen von Seo und Sapay ein bemerkenswerter Unterschied. Während Sapay dieses Textsegment in der Regel pädagogisch nutzt, um einen moralischen Appell an seine Zuhörer zu richten, denen er empfiehlt, sich die mündlichen Überlieferungen, ihre historische Vergangenheit, zum Vorbild für gegenwärtiges Handeln zu nehmen, bleibt Seo seineer Rolle als neutrales Überlieferungsinstitut verpflichtet. Er nutzt seinen Epilog dazu, rückblickend noch einmal die Bedeutung der Rückkehr von Noah Sohn zu seinem älteren Bruder zu betonen.

115 Henait Ni Yafet in sufne nen toinat nahinem man nen a`nat [ nahin ]
Damit Jafets Nachkomme die Rede hört, sie versteht und die Worte vernimmt und [ sie begreift ]
116 Nok neu afi Ni Nuh nahonis sinit sin pune tenum ma naka [ teun ]
Weil Noah sie früher hervorbrachte, seine drei Maiskolben und die Köpfe [ die drei ]
117 Es Ni Sem Ni Ham Ni Yafet neno pinat neon [ aklahat ]
Nämlich Ni Sem, Ni Ham, Ni Jafet - Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
118 Namnaunit Ni Semam esam telit natuinam ma naom [ natuin ]
Erinnert euch an Ni Sem, der aufbrach und folgte, der ging und [ nachfolgte ]
119 Nema mbolan kit ma mpoin kitim bi Maemletet Kua Mukem [ Bi Taek ]
Der bei uns ankam und erschien, der auftauchte in Mae und Nai Lete, in Kua Muke und [ Bi Taek ]
120 Es aub on iyam utaim [ on i ]
So trage ich es vor und ich diene [ so ]
121 Mnenat au tua kenum au uis kenut au am kenum [ au en kenu ]
Vernehmt es meine Herren und meine Herrscher, meine Väter und [ meine Mütter ]
122 Neno pinat neon [ aklahat ]
Strahlender Himmel, Sonne, du [ Versengende ]
123 Es aub on iyam utaim [ on i ]
So trage ich es vor und ich diene [ so ]
124 Ablas on iyam ubhae [ on i ]
Verschränke ich die Arme so und kreuze ich meine Beine [ so ]


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